Kinder- und Jugendmedizin 2010; 10(03): 159-166
DOI: 10.1055/s-0038-1629034
Impfen
Schattauer GmbH

Der Einfluss von Furchtappellen im Kontext impfkritischer Internetseiten

Die Angst schlägt zurückThe influence of fear-appeals in the context of vaccine-critical Internet-sitesThe fear strikes back
C. Betsch
1   Universität Erfurt, Center for Empirical Research in Economics and Behavioral Sciences (CEREB)
,
T. Könen
2   Universität Trier, Fachgebiet Psychologie
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Publication History

Eingereicht am: 26 September 2009

angenommen am: 05 October 2009

Publication Date:
27 January 2018 (online)

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Zusammenfassung

Eine Online-Recherche zum Thema Impfen macht eine große Menge impfkritischer Informationen zugänglich. Dabei handelt es sich häufig um persönliche Schilderungen von Einzelschicksalen, bei denen nach einer Impfung zeitnah ein negatives Ereignis aufgetreten ist. Die hier vorgestellte Online-Studie zeigt am Beispiel der Masern-Mumps-Röteln (MMR)-Impfung, dass die Bedrohlichkeit, die von solchen Informationen ausgeht, mit der Wahrnehmung der Impfrisiken korreliert. Die resultierende Impfintention hängt zudem stärker mit der Wahrnehmung von Impfrisiken zusammen als mit der Wahrnehmung des Erkrankungsrisikos. Bei der Gestaltung von präventionsorientierten Online-Angeboten können negative Folgen des Nichtimpfens (Furchtappell) betont werden; alternativ kann durch einen Aufruf zur Prävention (Präventionsappell) für Impfungen geworben werden. Im zweiten Teil zeigt dieses Experiment, dass ein Furchtappell zu einem Backfire-Effekt führen kann: Im spezifischen Kontext impfkritischer Informationen sinkt die Impfintention bei Präsentation eines Furchtappells ab. Zudem sensibilisiert der Furchtappell nicht für die Erkrankungsrisiken.

Summary

Searching for information about vaccinations on the Internet renders large amounts of vaccine-critical information available. Frequently, this information contains personal descriptions of individual experiences of adverse side effects that occurred after a vaccination. The presented study shows that the perceived threat that emanates from such kind of information increases the perceived vaccination risk. Strikingly, the resulting intention can be better predicted by the perceived vaccination risks than by the perceived risk to get the vaccine-preventable illness. When Internet-sites are created to inform the public about prevention-possibilities one can stress the fatal consequences of omitting the vaccination (fear-appeal); alternatively one can promote the preventive benefits of vaccinations (prevention-appeal). In its second part this study reveals that in the context of vaccine-critical information fear-appeals can lead to backfireeffects: the intentions to vaccinate dropped after a vivid fear-appeal. Moreover, the fear-appeal did not sensitize the Users to the risks of getting the illness.