Kinder- und Jugendmedizin 2003; 03(01): 4-12
DOI: 10.1055/s-0037-1617767
Onkologie
Schattauer GmbH

Epidemiologie solider Tumoren im Kindes- und Jugendalter

Epidemiology of solid tumours in children and adolescents
Claudia Spix
1   Deutsches Kinderkrebsregister am Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, Universitätsklinik (Leiter: Dr. Peter Kaatsch)
,
Joachim Schüz
2   Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, Universitätsklinik (Komm. Leiter: Prof. Dr. G. Hommel)
,
Gisela Klein
1   Deutsches Kinderkrebsregister am Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, Universitätsklinik (Leiter: Dr. Peter Kaatsch)
,
Peter Kaatsch
1   Deutsches Kinderkrebsregister am Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, Universitätsklinik (Leiter: Dr. Peter Kaatsch)
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
11. Januar 2018 (online)

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Zusammenfassung

Solide Tumoren machen in Deutschland knapp über die Hälfte der kindlichen Krebserkrankungen aus (54%), bei den übrigen malignen Erkrankungen handelt es sich um Leukämien und Lymphome. Es sind jährlich 7,5 von 100000 Kindern unter 15 Jahren betroffen. Sie verteilen sich auf 9 größere Diagnosegruppen: zu 38% sind es ZNS-Tumoren, gefolgt von Tumoren des sympathischen Nervensystems, Weichteilsarkomen, Nierentumoren und Knochentumoren. Deutlich seltener sind Retinoblastome, Lebertumoren und Keimzelltumoren. Außer bei ZNS-Tumoren kann in Deutschland von nahezu vollzähliger Erfassung für die Gruppe der unter 15-Jährigen ausgegangen werden. Diese Erkrankungsfälle werden seit 1980 systematisch im Deutschen Kinderkrebsregister erfasst. Fast alle Fälle werden im Rahmen einer deutschlandweiten oder internationalen Therapieoptimierungsstudie behandelt. Die diagnosespezifischen Inzidenzen in Deutschland liegen im internationalen Vergleich etwa im mittleren Bereich oder in der Nähe der meist etwas höheren skandinavischen Inzidenzen (Ausnahme: Inzidenz der untererfassten ZNS-Tumoren niedriger, Neuroblastom-Inzidenz relativ hoch aufgrund eines Modellprojekts zur Früherkennung). In Deutschland ist kein relevanter Anstieg der Inzidenzen in den letzten 20 Jahren zu verzeichnen. Die je nach Diagnose sehr unterschiedlichen Überlebenswahrscheinlichkeiten liegen im europäischen Vergleich teils im Mittelfeld und oft besser. Sie reichen teilweise an die hohen amerikanischen Überlebenswahrscheinlichkeiten heran. Für fast alle Diagnosen sind in den letzten 20 Jahren Verbesserungen der Prognose erzielt worden. Solide Tumoren als Zweittumoren sind relativ selten, außer Hirntumoren. Umweltbezogene Einflüsse sind als Ursache für solide Tumoren im Kindesalter nahezu keine bekannt. Ein gewisser Anteil hat eine Entstehungsgeschichte im Zusammenhang mit bestimmten Syndromen oder hereditären Erkrankungen. Bei der überwiegenden Mehrheit der Fälle sind Ursachen und Risikofaktoren jedoch, trotz der epidemiologischen Forschung der letzten Jahrzehnte, weiterhin unbekannt.

Summary

Slightly more than half of the childhood cancers in Germany (54%) are solid tumours, the remaining malignancies are leukaemias or lymphomas. The annual incidence is 7.5 out of 100,000 children. These are distributed into 9 major diagnostic groups: 38% are CNS tumours, followed by tumours of the sympathetic nervous system, soft tissue sarcomas, renal tumours and bone tumours. Very rare entities are retinoblastoma, hepatic tumours and germ cell tumours. Except for CNS tumours the registration of the cases under the age of 15 is practically complete in Germany. The malignant cases are registered systematically at the German Childhood Cancer Registry since 1980. Almost all cases are treated according to one of the national or international therapy optimization protocols. The incidences per diagnosis in Germany are internationally on an average level or slightly higher, comparable to the generally slightly higher Scandinavian incidences (exception: the incidence of CNS tumours is below average due to missing cases and the neuroblastoma incidence is relatively high due to a screening evaluation project). In the past 20 years no relevant increase in incidence was observed. The survival probabilities differ considerably by diagnosis. Compared to other European countries they are about average or often better. For some entities they are comparable to the high survival probabilities attained in the United States. For almost all diagnoses an improvement of the prognosis was achieved in the past 20 years. Solid tumours as secondary tumours, are rare except for brain tumours. Causes or risk factors for solid childhood malignancies can rarely be identified among environmental factors; some entities show an etiology in context with certain syndromes or hereditary diseases. For most entities the causal factors are unknown despite intense research in the past decades.