Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1605914
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Welche Rolle spielen die physischen Arbeitsanforderungen in der psychischen Gefährdungsbeurteilung?

A Lindner
1   Freiburger Forschungsstelle für Arbeitswissenschaften, Freiburg im Breisgau
,
HJ Lincke
1   Freiburger Forschungsstelle für Arbeitswissenschaften, Freiburg im Breisgau
,
M Nübling
1   Freiburger Forschungsstelle für Arbeitswissenschaften, Freiburg im Breisgau
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Publication History

Publication Date:
01 September 2017 (online)

 

Fragestellung:

Die Gemeinsame Deutsch Arbeitsschutzstrategie (GDA) empfiehlt die Analyse physischer Faktoren in der Psychischen Gefährdungsbeurteilung. Die Arbeitsplatzevaluierung in Österreich gibt sie zwingend vor. Zum einen ist aber ihr Verhältnis zu den psych. Faktoren unklar, zum anderen sind sie bereits Gegenstand medizinisch/technischer Analysen. Die FFAW fragt seit 2014 bei Messungen mit dem COPSOQ nach dem Umgang mit Gefahrstoffen, Extremtemperaturen, Heben/Tragen, Lärm, Luft und Beleuchtung (Skala „Physische Anforderungen/Arbeitsumgebung“, je fünfstufig 0 – 100 Punkte). Es liegen hierzu über 18.000 Datensätze vor, die auf ihr Verhältnis zu psych. Belastungen untersucht wurden.

Methoden/Ergebnisse:

Der Skalenmittelwert beträgt 40,4 Punkte (Std.abw. 24,1 Punkte). Die Reliabilität ist hoch (Cronb. Alpha = 0,82). Die Skala korreliert auf Belastungsseite schwach (Pearson“s r > 0,2) mit Entwicklungsmöglichkeiten, Rollenkonflikten, ungerechter Behandlung, Arbeitsplatz-Unsicherheit und mittel (r > 0,3) mit Spielraum bei Pausen/Urlaub. Auf Beanspruchungsseite korreliert sie schwach mit der Arbeitszufriedenheit, dem allg. Gesundheitszustand, Burnout-Symptomen und Präsentismus. Im Regressionsmodell zum Gesundheitszustand (R2 = 0,09) steht sie an erster Stelle der Belastungen. Bei der Arbeitszufriedenheit gehen sie an achter Stelle in das Modell ein (R2 = 0,63).

Schlussfolgerung:

Die Untersuchung zeigt eine schwache, aber inhaltlich plausible Assoziation mit dem allg. Gesundheitszustand: Negative Belastungen durch Tragen, Lärm, Temperaturen usw. haben erwiesenermaßen negative gesundheitliche Auswirkungen. Die Skala tritt hier als eigenständiger Wirkfaktor auf. Wie die vergleichbar angelegte Repräsentativstudie der FFAW zur Arbeitsqualität in Deutschland (2015) bereits angedeutet hat, findet man physische Anforderungen zudem in einer Stellvertreterrolle. Ihre Ausprägung steht für den beruflichen Status (blue vs. white collar work) und den damit verbundenen Arbeitsanforderungen.