Klin Monbl Augenheilkd 2017; 234(10): S1-S13
DOI: 10.1055/s-0037-1604712
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Optimierung der Überweisungskriterien für den PlusoptiX® Videorefraktometer

O Ehrt
1   Augenklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München, Strabismologie, Kinder- und Neuroophthalmologie, München
,
W Lagrèze
2   Klinik für Augenheilkunde, Sektion Neuroophthalmologie, Kinderophthalmologie, Schielbehandlung, Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg
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Publication Date:
12 October 2017 (online)

 

Mit der Neufassung der Kinderrichtlinie 2016 ist das Amblyopiescreening weiter in den Fokus der Kinderärzte gerückt. Zusätzlich zum hierbei nun geforderten Brückner-Test führen einige Pädiater automatisierte Untersuchungen mit Videorefraktometern ohne Zykloplegie durch. Die Schwellenkriterien für einen „auffälligen Befund“ sind vom Hersteller auf hohe Sensitivität eingestellt, was zu einer hohen Rate fasch positiver Befunde führt. Ziel dieser Untersuchung war es, optimierte Schwellenkriterien zu finden, die eine für Screening akzeptable Spezifität von 90% ermöglichen.

Methode:

Seit 2005 wurden an der Augenklinik der LMU fünf Studien mit verschiedenen Versionen des PlusoptiX® Videorefraktometers durchgeführte. Die Messungen aller 893 Kinder im Alter von 0,5 – 6 Jahren wurden mit der in Zykloplegie gemessenen objektiven Refraktion verglichen. Vier Studien wurden mit Patienten der universitären Ambulanz durchgeführt (Gruppe 1), die größte Studie mit 296 Kinder in verschiedenen Münchner Kinderarztpraxen (Gruppe 2).

Ergebnisse:

Für Gruppe 1 mussten signifikant höhere Schwellenkriterien eingestellt werden, um eine Spezifität von 90% zu erreichen als in Gruppe 2. Grund hierfür ist insbesondere der Astigmatismus (der in allen Studienpopulationen häufigste Amblyopie-Risikofaktor), welcher in Gruppe 1 deutlich höhere Werte zeigte als in Gruppe 2 (meist nur um 2D). In Gruppe 2 wurde eine Sensitivität von 84% erreicht mit folgenden Überweisungskriterien: Hyperopie ≥1,75D, Astigmatismus ≥1,0 D und Anisometropie ≥1,5dpt. In der für Screening auf amblyogene Risikofaktoren relevanten Altersgruppe von 1 – 3 Jahre fand sich kein signifikanter Unterschied zur Gesamtpopulation bis 6 Jahre.

Diskussion:

Mit optimierten Überweisungskriterien lässt sich in einer typischen pädiatrischen Population eine Sensitivität von 84% bei einer Spezifität von 90% für das Erkennen Amblyopie relevanter Refraktionsfehler erreichen. Bei der U2 und U3 ist der erweiterte Brückner-Test (Durchleuchtungstest) für das Erkennen einer kongenitalen Medientrübung unbedingt notwendig, da die Kinder in den ersten Lebenswochen die Augen noch nicht lang genug für die Videorefraktion öffnen. Ab 3,5 Jahren sollte sich das Amblyopiescreening primär auf die Visusbestimmung stützen. Alle Kinder mit auffälliger Videorefraktion benötigen beim Augenarzt eine objektive Refraktion in Zykloplegie, gerade weil die Hyperopie von Videorefraktometern nur schlecht erkannt wird.