Klin Monbl Augenheilkd 2017; 234(10): S1-S13
DOI: 10.1055/s-0037-1604705
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Myelin-Oligodendrozyten-Glykoprotein-Antikörper (MOG-AK) bei Neuritis nervi optici (NNO) im Kindesalter

H Tegetmeyer
1   Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde, Abteilung für Kinder- und Neuroophthalmologie, Universitätsklinikum Leipzig AöR, Leipzig
,
A Merkenschlager
2   Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche, Abteilung Neuropädiatrie, Universitätsklinikum Leipzig AöR, Leipzig
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Publication History

Publication Date:
12 October 2017 (online)

 

Einleitung:

Myelin-Oligodendrozyten-Glykoprotein (MOG) ist an der Oberfläche der Myelinscheiden und der Oligodendrozyten im Zentralnervensystem lokalisiert. Die vermutete Rolle von MOG-IgG-Autoantikörpern (MOG-AK) bei der Auslösung einer Multiplen Sklerose (MS) konnte jedoch für das Erwachsenenalter nicht bestätigt werden. Dagegen zeigte sich im Kindes- und Erwachsenenalter eine Assoziation von MOG-AK im Serum mit rezidivierender und bilateraler NNO, mit akuter disseminierter Enzephalitis (ADEM) und mit transverser Myelitis (TM). Die Kombination von NNO und TM ist typisch für eine Neuromyelitis optica (NMO), die jedoch bei den meisten Patienten mit hochspezifischen pathogenen Aquaporin4-IgG-Autoantikörpern (AQP4-AK) im Serum assoziiert ist. Weitere typische AQP4-AK assozierte entzündliche Hirnläsionen führten zum vereinheitlichenden Begriff der NMO-Spektrum-Erkrankungen (NMO-SD). 15 – 30% der Patienten mit NMO-SD sind jedoch seronegativ für AQP4-AK. In diesen Fällen handelt es sich um im Durchschnitt jüngere Patienten, die zu einem hohen Anteil seropositiv für MOG-AK sind.

Patienten:

Die Krankheitsverläufe zweier männlicher Patienten mit akuter NNO werden dargestellt. (Alter bei NNO-Beginn jeweils 8 Jahre, AQP4-AK negativ, MOG-AK positiv). Bei Patient 1 liegt ein bisher monophasischer Verlauf mit raschem Abfall der MOG-AK und nur geringer asymmetrischer Optikusatrophie vor. Patient 2 erlitt trotz immunsuppressiver Therapie mehrere Rezidive bei persistierenden MOG-AK mit zunehmender Optikusatrophie, erheblicher einseitiger Visusminderung und passagerer Hirnstammbeteiligung.

Diskussion:

MOG-AK sind im Kindesalter mit rezidivierender NNO und Hirnläsionen assoziiert, die typisch für eine ADEM oder eine NMO-SD sind. In der akuten Phase der klinischen Symptomatik werden hohe MOG-AK Titer beobachtet. Rezidive der NNO führen zu einem zunehmenden Verlust der retinalen Nervenfaserschicht. Diagnostisch sind die Antikörperbestimmung (AQP4-AK, MOG-AK) sowie die MRT-Bildgebung obligat. Als therapeutische Konsequenz ergibt sich eine konsequente Behandlung mit initial Kortikosteroiden und nachfolgender Immunsuppression (z.B. Azathioprin, Mycophenolat, bei refraktären Fällen auch Rituximab) sowie der Kontrolle der MOG-AK Titer. Eine Behandlung mit MS-Medikamenten (z.B. Interferon, Fingolimod) ist dagegen kontraindiziert.