Klin Monbl Augenheilkd 2017; 234(10): S1-S13
DOI: 10.1055/s-0037-1604694
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Kinderdemenz NCL – Nicht nur eine Erkrankung des Auges

F Stehr
1   NCL-Stiftung, Hamburg
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Publication Date:
12 October 2017 (online)

 

Die juvenile Neuronale Ceroid Lipofuszinose (JNCL) zählt zu den lysosomalen Speicherkrankheiten. 1995 wurde das betroffene Gen – CLN3 – entdeckt. Für den Augenarzt ist diese Krankheit von Interesse, da sie sich erst im frühen Einschulalter (5 bis 7 Jahre) mit einer plötzlichen Sehschwäche bemerkbar macht. Bis dahin haben sich die betroffenen Kinder altersgerecht entwickelt. Häufig wird die JNCL mit Retinitis pigmentosa oder Morbus Stargardt verwechselt. Zum Beispiel könnte eine OCT-Untersuchung in Verbindung mit einer Genanalyse hier Gewissheit verschaffen. Auffällig sind auch ein früh ausgelöschtes Elektroretinogramm und später fundoskopische Pigmentverschiebungen.

Eine korrekte Diagnose ist für die Familien sehr wichtig, um eine kräftezehrende Ärzteodyssee zu vermeiden. Außerdem kann eine adäquate humangenetische Beratung angeboten werden. Diese ist anzuraten, da es sich um eine autosomal-rezessiv vererbte Krankheit handelt. Somit besteht ein Risiko, dass bei weiterem Kinderwunsch, auch diese Kinder betroffen sein könnten. Außerdem können palliative und pädagogische Maßnahmen berücksichtigt werden.

Bei NCL handelt es sich um die häufigste neurodegenerative Erkrankung des Kindesalters. Die Kinder erblinden innerhalb von ein bis drei Jahren nach Auftreten der ersten Sehprobleme. Parallel findet sowohl ein geistiger als auch ein körperlicher Abbau statt. Die einsetzende Demenz führt zu schulischen Problemen. Die Bewegungsabläufe werden parkinsonartig mit kleinschrittigem Gang und Rigor. Nach einigen Jahren sind die jungen Patienten auf einen Rollstuhl angewiesen. Hinzu kommen epileptische Grand-Mal-Anfälle, die in der Regel medikamentös gedämpft werden können. Im weiteren Verlauf der Krankheit geht die Sprachfähigkeit verloren und es können Halluzinationen und Schlafstörungen auftreten. Im jungen Erwachsenenalter sind die meisten Patienten bettlägerig und werden über eine Magensonde zusätzlich ernährt. Selten wird ein Patient älter als 30 Jahre. Neue Untersuchungen haben gezeigt, dass bei einem hohen Prozentsatz der Patienten auch Herzrhythmusstörungen auftreten können.

Aktuell befinden sich gentherapeutische Ansätze kurz vor der ersten klinischen Prüfung.