Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - P442
DOI: 10.1055/s-0036-1592884

Fetale intrakranielle Blutungen – Diagnose, Risikofaktoren und Outcome – Zusammenstellung von 282 pränatalen Fällen

J Weichert 1, M Gembicki 1, P Kreiselmaier 2, M Krapp 2, R Axt-Fliedner 3, J Degenhardt 3, C Enzensberger 3, D Hartge 1
  • 1Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Lübeck, Pränatalmedizin & Spezielle Geburtshilfe, Lübeck, Deutschland
  • 2amedes experts, Pränatalmedizin, Hamburg, Deutschland
  • 3Universität Gießen und Marburg, Bereich Pränatalmedizin, Gießen, Deutschland

Fragestellung: Im Rahmen dieser Zusammenstellung sollen anhand eigener und aus der Literatur gewonnenen Daten Trends bzgl. der diagnostischen Sicherheit, der Risikofaktoren und der Prognose von pränatal gesicherten Hirnblutungen herausgearbeitet werden.

Methoden: Retrospektive Analyse von 15 Feten mit Zeichen einer fetalen intrakraniellen Blutung. Bei allen Fällen erfolgte eine detaillierte sonographische Diagnostik in 3 tertiären Pränatalzentren. Zusätzlich wurde eine Zusammenstellung aller Kasuistiken und Fallserien mit fetaler Hirnblutung 1977 – 2015 (n = 267) vorgenommen. Die Auswertung erfolgte hinsichtlich fetomaternaler Charakteristika, Ausmaß und Lokalisation der Blutung sowie des perinatalen Outcomes.

Ergebnisse: Insgesamt fielen 41,5% der Feten mit einer intraparenchymalen Blutung (IPH; Grad IV) und weitere 37,2% mit einer intraventrikulären Blutung (IVH; Grad II u. III) auf. Subdurale Hämatome fanden sich in 12%, epidurale und cerebelläre Blutungen waren dagegen eher selten. Die perinatale Mortalität und Morbidität war erwartungsgemäß hoch. Weniger als 1/4. aller betroffenen Kinder war nach interventionellen Maßnahmen als gesund/unauffällig zu bezeichnen, 40% der Schwangerschaften wurden abgebrochen oder es kam zum perinatalen Versterben der Kinder. In etwa jedem 6. Fall konnte eine Alloimmunthrombozytopenie (FNAIT) nachgewiesen werden, zudem scheinen vaskuläre Ursachen (Mutationen im Col4a1-Gen) eine zunehmende Rolle zu spielen. Von offenbar untergeordneter Bedeutung sind die Blutungen Folgen einer medikamentösen Therapie.

Zusammenfassung: Pränatale Blutungen sind für die Integrität des unreifen fetalen ZNS bzw. den Feten generell fatal. Immerhin werden 75% der Schwangerschaften entweder abgebrochen oder resultieren in einer lebenslangen Einschränkung der neuromotorischen Fähigkeiten. Die zugrundeliegende Ätiologie kann in < 50% geklärt werden. Bei etwa 20% liegen eine FNAIT oder vaskuläre Anomalien vor.