Klin Monbl Augenheilkd 2015; 232 - KV63
DOI: 10.1055/s-0035-1569217

Zur Assoziation von Aderhautmelanomen mit anderen Malignomen

EJ Nissen 1, AI Riechardt 1, I Seibel 1, M Doblhofer 1, AM Joussen 1
  • 1Klinik für Augenheilkunde, Charité Campus Benjamin Franklin, Berlin

Hintergrund: Aderhautmelanome sind selten, die Inzidenz beträgt 5,1 pro Million. Bislang sind keine exogenen Einflüsse zweifelsfrei bekannt. Lange untersucht sind prognostisch wichtige zytogenetische Aberrationen (Monosomie 3) dieser intraokularen Tumore. Molekulargenetische Untersuchungen zeigten, dass ein mutationsbedingter Verlust des BRCA-assoziierten Proteins 1 (BAP1) mit einem erhöhten Risiko für Metastasierung behaftet ist. Weitergehend wurde im Rahmen der molekularen Analyse von Aderhautmelanomen und Mesotheliomen in den letzten Jahren das hereditäre BAP1-Tumorprädispositions-Syndrom definiert. Es handelt sich dabei um ein sehr seltenes Syndrom, das nicht alle Patienten mit einem Aderhautmelanom betrifft. Eine zugrundeliegende Keimbahnmutation des BAP1-Gens erhöht das Risiko für das vermehrte, gemeinsame und erbliche Auftreten von malignen Neoplasien aus einer Gruppe von Aderhautmelanomen, Mesotheliomen, Nierenzellkarzinomen, kutanen Melanomen und Basalzellkarzinomen. Methoden und Ergebnisse: Eine retrospektive Analyse der letzten 6 Monate hat in unserem Patientengut mit der Erstdiagnose (82 Patienten) eines Aderhautmelanoms gezeigt, dass in 6,1% der Patienten und ihrer Familien Zweittumore vorliegen, die dem Spektrum des BAP1-Syndroms angehören. Die in diesen Fällen vorliegenden Tumoren waren im untersuchten Zeitraum überwiegend Nierenzellkarzinome und auch kutane Melanome. Weiterhin auffällig war, dass in einigen Patienten und deren Familien weitere maligne Tumore bekannt waren, die nicht zu den genannten Entitäten zählen. Zwei Patienten hatten ein Prostatakarzinom, in Einzelfällen zeigte sich ein hepatozelluläres Karzinom, ein Blasenkarzinom und ein Ovarialkarzinom, drei Patienten hatten eine familiäre Mammakarzinom-Belastung. Schlussfolgerungen: Aderhautmelanome kommen überwiegend sporadisch vor. In einer Minderheit der Fälle kann ein BAP1-Tumorprädispositions-Syndrom vorliegen mit vermehrtem Auftreten von zusätzlichen Malignomen. Bei ursächlicher Keimbahnmutation kann nur eine genetische Untersuchung von Tumor und Blut eines Patienten sicher dieses Syndrom diagnostizieren. Für die hier vorgestellten retrospektiven Daten ist daher lediglich ein Verdacht gegeben. Möglicherweise können in Zukunft weitere Entitäten wie die oben gefundenen syndromal assoziiert werden und im Rückschluss die Tumorgenese noch näher beleuchten. Als Ausblick ist zu überdenken, bei Patienten mit bekanntem Tumor aus dem BAP1-Syndrom-Spektrum ein Aderhautmelanom ophthalmologisch auszuschließen.