Ernährung & Medizin 2015; 30(02): 49
DOI: 10.1055/s-0035-1550113
editorial
Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG Stuttgart

Editorial

Edmund A Purucker
Further Information

Publication History

Publication Date:
02 July 2015 (online)

Zoom Image

Am 1.5. hat in Mailand die EXPO 2015 eröffnet. Mit dem Thema „Feeding the Planet, Energy for Life“ („Den Planeten ernähren, Energie für das Leben“) widmet sich die Weltausstellung der Zukunft der Ernährung für eine wachsende Weltbevölkerung. Programmatisch hat man sich nicht für eine Leistungsschau wie in den vergangenen Jahren entschieden, sondern will technologische, kulturelle und kreative Herausforderungen und Innovationen für die Zukunft im weiten Spektrum der Ernährung diskutieren. Der deutsche Pavillon hat den Anspruch, Ideenfelder („Fields of Ideas“) darzustellen für zukünftige Entwicklungen des gesamten Prozesses von Anbau, Veredlung, Verwertung und Verteilung der Nahrungsmittel. Österreich stellt seine gesunde Waldluft ins Zentrum des Pavillons und die Schweiz verteilt einen Turm voller landestypischer Spezialitäten – der aber nicht nachgefüllt werden soll und damit die Begrenztheit der Ressourcen demonstrieren will. Darüber hinaus zeigen weitere 142 Länder, internationale Organisationen, erstmals auch Nicht-Regierungsorganisationen und einige Weltkonzerne ihre Ideen für die Ernährung der Zukunft. Auch wenn die ambitionierten Pavillons eindrucksvoll die Perspektiven der Ernährung aufzeigen, erinnern leider viele Präsentationen eher an eine Tourismusbörse oder bestenfalls noch an die Grüne Woche.

Sozusagen ergänzend zu den globalen Entwicklungen auf dem Ernährungssektor stellte Nestlé im April eine beachtens- und lesenswerte Zukunftsstudie über die individuellen Ernährungsperspektiven der deutschen Verbraucher vor: „Wie is(s)t Deutschland 2030?“ (http://www.nestle.de/zukunftsstudie). Fünf un-
terschiedliche Zukunftsszenarien wurden von Ernährungsexperten erarbeitet und 1029 Erwachsenen, die als repräsentativ für die Grundgesamtheit der deutschen Bevölkerung ausgewählt waren, zur Bewertung vorgelegt. Die meisten Befragten konnten sich ein Szenario vorstellen, das eine „Ressourcenschonende Ernährung in einer werteorientierten Gesellschaft“ widerspiegelte. An zweiter Stelle folgte ein Szenario, das eine personalisierte „Ernährung zur Selbstoptimierung in einer leistungsorientierten Gesellschaft“ fokussiert. Das dritthäufigste Szenario „Reflektierter Genuss in einer auf Eigenverantwortung setzenden Gesellschaft“ denkt die Möglichkeiten von biometrischen Erfassungssystemen zusammen mit Gesundheits-Apps weiter und stellt damit die hippokratische Forderung wieder in den Mittelpunkt, dass die Nahrung zugleich auch Medizin sein solle. In Szenario 4 „Gemeinschaftliches Essen als Erlebnis in einer entstrukturierten Gesellschaft“ und 5 „Einfaches Sattwerden in einem virtuellen Umfeld“ konkurrieren diametral entgegengesetzte Konzepte um Akzeptanz. Neben den Szenarien werden aber auch 10 Konzepte zur Ernährungszusammensetzung (Ressourcenschonung; Personalisierung; mehr Algen und Insekten), Funktion der Ernährung (Selbstoptimierung, Weltanschauung; soziale Kontakte und Sozialprestige) formuliert, die die Ernährung der Zukunft bestimmen werden.

Ebenfalls von wachsender Bedeutung in der Zukunft ist die vegetarische/vegane und flexitarische Ernährung. Hierzu finden Sie im aktuellen Heft zwei Übersichten von Dr. Markus Keller und Edith Gätjen, die Ihnen gesundheits- und praxisbezogene Informationen liefern.