Gesundheitswesen 2015; 77(04): e77-e84
DOI: 10.1055/s-0034-1398600
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ein- und Durchschlafstörungen in Abhängigkeit von atypischen Beschäftigungsformen – Geschlechterunterschiede in der lidA-Studie

Effects of Atypical Employment on Difficulties in Falling Asleep and Maintaining Sleep – Gender Differences in the lidA Study
V. Kretschmer
1   Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Dortmund
,
N. Riedel
2   Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
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Publication Date:
25 March 2015 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund und Zielsetzung: Der europäische Arbeitsmarkt unterliegt einer ansteigenden Flexibilisierung, im Zuge derer sich atypische Beschäftigungsformen wie Befristung, Teilzeitarbeit, geringfügige Beschäftigung und Phasen der Arbeitslosigkeit verbreitet haben. Atypischen Beschäftigungsformen werden ähnliche gesundheitsbelastende Effekte zugeschrieben wie Arbeitslosigkeit. Angesichts der erhaltenden Funktion von Schlaf für die Arbeitsproduktivität beleuchtet dieser Beitrag, inwiefern unterschiedliche atypische Beschäftigungsformen mit gemeinsam auftretenden Ein- und Durchschlafstörungen bei erwerbstätigen Männern und Frauen mittleren Alters zusammenhängen.

Methodik: Die Daten entstammen der 1. Befragungswelle 2011 der bundesweiten Erwerbstätigenbefragung „lidA – leben in der Arbeit“. Die Teilnehmenden gehören den geburtenstarken Jahrgängen 1959 und 1965 an und waren laut Integrierter Erwerbsbiografie (IEB) des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zum 31.12.09 sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Die Analysen für diesen Beitrag beruhen auf 4 544 Befragten. In logistischen Regressionsmodellen wurden gemeinsam auftretende Ein- und Durchschlafprobleme in Abhängigkeit von Jahren überwiegend in Vollzeitbeschäftigung, in Teilzeitbeschäftigung, in geringfügiger Beschäftigung oder in Arbeitslosigkeit von 1999 bis 2010 sowie von Jahren beim derzeitigen Arbeitgeber, der Befristung des Vertrags, Umstrukturierungen und Entlassungen im unmittelbaren Arbeitsumfeld zum Befragungszeitpunkt in 2011 geschlechtsspezifisch untersucht.

Ergebnisse: Frauen (9%) waren von Ein- und Durchschlafstörungen häufiger betroffen als Männer (5%). Für Frauen konnten keine Assoziationen zwischen vergangenen Jahren überwiegend in Vollzeit, in Teilzeit, in geringfügiger Beschäftigung oder in Arbeitslosigkeit und Ein- und Durchschlafstörungen festgestellt werden. Erwerbstätige Männer mit mehr Jahren in überwiegender Teilzeitbeschäftigung und in Arbeitslosigkeit wiesen eine größere Wahrscheinlichkeit für Ein- und Durchschlafstörungen auf. Ein zeitlich befristeter Arbeitsvertrag war bei Männern ebenfalls mit gleichzeitigen Ein- und Durchschlafstörungen assoziiert. Bei Frauen wurde die Variable Entlassungen im Arbeitsumfeld als mögliche Einflussgröße für Ein- und Durchschlafstörungen signifikant.

Schlussfolgerung: Atypische Beschäftigungsformen können mit Ein- und Durchschlafstörungen korrelieren. Zukünftige Forschung sollte geschlechtsspezifische Gründe für verschiedene Beschäftigungsformen eruieren, vermittelnde Faktoren wie z. B. Arbeitsunzufriedenheit, beeinträchtigende Arbeitsbedingungen identifizieren, Brüche in der Erwerbsbiografie herausstellen und kumulative Belastungsmaße auf Basis der IEB bilden.

Abstract

Background and Aim: Due to the increasing flexibilisation of the European labour market, new forms of atypical work organisation have been arising. Atypical employment may cause negative health effects similar to unemployment. Considering the health-promoting relevance of sleep for work productivity, we investigate if different forms of atypical employment are associated with difficulties falling and maintaining asleep among middle-aged male and female employees.

Methods: Data were retrieved from the 1st wave of the lidA study, a nation-wide survey among employees in Germany in 2011. According to the Integrated Employment Biography (IEB) of the Institute of Employment Research (IAB), participants were born in 1959 or 1965 and subject to mandatory social insurance contributions on 31.12.11. Our analysis is based on 4 544 participants. Using logistic regression models separately for men and women, difficulties falling and maintaining asleep were modelled to depend on years mostly spent in full-time, part-time, in marginal employment or in unemployment during the period from 1999–2010 as well as on years in the current position, fixed-term employment contract, organisational restructuring and dismissals at time of the survey in 2011.

Results: Women (9%) were more affected by difficulties falling and maintaining asleep than men (5%). Among women, past years mostly spent in full-time, part-time, marginal employment or in unemployment were not associated with sleep disturbances. Men who had mostly worked part-time or unemployment were more likely to report difficulties falling and maintaining asleep. Likewise, in men a fixed-term contract was linked with a higher risk of sleep disturbances. In women, witnessed dismissal in the working environment was a significant influencing factor.

Conclusion: Atypical employment can be related to difficulties falling and maintaining asleep. In future research gender-specific reasons for atypical employment as well as adverse working conditions should be taken into account. Changes between different forms of atypical employment as well as cumulative measures of these employment exposures in employees’ biographies should be included in future studies.