Hintergrund: Talgdrüsenkarzinome sind seltene Tumoren, die vorwiegend in der zweiten Lebenshälfte
auftreten. Klinisch wenig charakteristisch, werden sie oft mit Chalazion, chronischer
Blepharitis oder Karbunkeln verwechselt. Die Diagnose wird meistens erst histologisch
gestellt. Talgdrüsenneoplasien können sporadisch oder im Rahmen eines Muir-Torre-Syndroms
auftreten. Das Muir-Torre-Syndrom ist eine seltene autosomal-dominant vererbte Genodermatose,
gekennzeichnet durch Auftreten multipler Talgdrüsentumore assoziiert mit mindestens
einem viszeralen Malignom ohne prädisponierenden Faktor. Es ist somit eine Variante
des hereditären non-polypösen kolorektalen Karzinoms (Lynch-Syndrom), welche üblicherweise
mit Mikrosatelliteninstabilität und verminderter Expression der Gene, die für die
DNA-Mismatch-Reparaturproteine MSH–6, MSH–2 und MLH–1 kodieren, einhergeht. Die Unterscheidung
zwischen sporadischer und syndromischer Form des Talgdrüsenkarzinoms hat vielfältige
Auswirkungen auf das Follow-Up der Patienten. Der immunohistologische Nachweis verminderter
Expression der DNA-Mismatch-Reparaturproteine könnte auf eine mögliche systemische
Assozioation mit einem Muir-Torre-Syndrom schließen lassen. Methoden Wir haben Material
von 14 Patienten mit periokulärem Talgdrüsenkarzinom immunohistologisch auf die Expression
der DNA-Mismatch-Gene MSH–6, MSH–2 und MLH–1 untersucht. Ergebnisse: Bei einem der 14 Patienten (7%) lag ein Muir-Torre-Syndrom vor. Hier zeigte die Immunohistolgie
eine verminderte Expression von MSH–2 und MSH–6. Bei den weiteren 13 Patienten (92%)
gab es keinen Hinweis auf eine viszerale Manifestation. Bei allen wurde immunohistologisch
die Expression von MSH–6, MSH–2 und MLH–1 nachgewiesen. Schlussfolgerung: Bei Patienten, bei denen eine verminderte Expression einer der 3 DNA-Mismatch-Reparaturproteine
MSH–6, MSH–2 oder MLH–1 nachgewiesen werden kann, sollten regelmässige Früherkennungsmassnahmen
bezüglich einer systemischen Assozioation mit einem Muir-Torre-Syndrom erfolgen. Kann
jedoch die normale Expression aller 3 DNA-Mismatch-Reparaturproteine belegt werden,
so kann die Assoziation mit einem Muir-Torre-Syndrom ausgeschlossen und auf Vorsorgeuntersuchungen
verzichtet werden. Die Immunfärbung hat den Vorteil nicht invasiv, schnell und relativ
preisgünstig zu sein. Des Weiteren erlaubt sie ein genaue Bestimmung des implizierten
Mismatch-Reparaturproteins. Aufgrund der geringen Fallzahl sind jedoch weitere Studien
erforderlich um eine klare Korrelation zwischen verminderter Expression in der Immunfärbung
und Assoziation mit einem Muir-Torre-Syndrom zu etablieren.