Zusammenfassung
Hintergrund: Die Behandlung chronisch entzündlicher Systemerkrankungen mit
gezielt wirkenden biotechnologisch hergestellten Proteinen, den sogenannten
Biologika, hat im letzten Jahrzehnt die Behandlungsmöglichkeiten in der
Gastroenterologie, Rheumatologie und Dermatologie revolutioniert. Die Biologika
der ersten Generation waren hauptsächlich gegen das pro-inflammatorische Zytokin
Tumor-Nekrose-Faktor-α (TNF-α) gerichtet. Die Evolution dieser Therapieformen
führte nach den ersten großen Erfolgen zunächst zur Einführung von weiteren
Antikörpern gegen dieselbe Zielstruktur und zur Zulassung von „generischen“
Biologika – den Biosimilars – für die erste Generation der
Anti-TNF-α-Biologika.
Methode: Nach einer strukturierten Literaturrecherche wurde durch das
„Kompetenznetz Darmerkrankungen“ ein Expertenworkshop von Gastroenterologen,
Rheumatologen und Dermatologen durchgeführt, um ein Positionspapier zum
aktuellen Stand der Entwicklung und dem möglichen Einsatz von Biosimilars zu
erstellen.
Ergebnisse: Biosimilars sind keine grundsätzliche pharmakologische
Weiterentwicklung des bereits vorhandenen Wirkstoffs. Sie sollen vielmehr durch
einen entsprechenden Herstellungsprozess in Bezug auf Eigenschaften, Sicherheit
und Effektivität mit dem zugelassenen Original-Biologikum („Originator“)
hinreichend vergleichbar (nicht unbedingt identisch) sein. Momentan werden für
die Anti-TNF-Antikörper Infliximab und Adalimumab, das TNFR2-Fusionsprotein
Etanercept sowie für den Anti-CD20-Antikörper Rituximab Biosimilars entwickelt
oder befinden sich schon in klinischer Erprobung. Außerhalb Europas sind diese
auch schon teilweise auf dem Markt erhältlich. Von der Europäischen
Arzneimittel-Agentur (EMA) ist das erste Biosimilar
(Inflectra®/Remsima®) von Infliximab
(Remicade®) zugelassen worden, welches je nach Auslaufdatum des
nationalen Patentschutzes in den verschiedenen europäischen Ländern teilweise
bereits schon jetzt vermarktet wird. Problemfelder der Diskussion sind hier die
Extrapolierung der klinisch untersuchten Indikation in der Entwicklung eines
Biosimilars auf alle Indikationsgebiete eines Original-Präparates und die
Austauschbarkeit zwischen einem Biosimilar und dem Originator.
Folgerung: Von der EMA ist das erste Biosimilar zu Infliximab zur
Vermarktung zugelassen worden. Die Zulassungsbedingungen spiegeln den
politischen Willen wider, auch bei hochkomplexen Biologika eine
Konkurrenzsituation herbeizuführen. Von der Einführung der Biosimilars
versprechen sich die Kostenträger eine signifikante Reduzierung der
patientenbezogenen Therapiekosten. Unabhängig davon sollten die potenziell mit
der Einführung der Biosimilars verbundenen Probleme (Wirkung,
Langzeit-Nebenwirkungen, Extrapolation der Indikationen) zukünftig Gegenstand
intensiver Langzeituntersuchungen sein.
Abstract
Biologicals revolutionized the therapy of chronic inflammatory diseases in
gastroenterology, rheumatology and dermatology in the last decade. The first
generation biologicals mainly targeted against the pro-inflammatory cytokine
TNF-α. The evolution of these therapies in the last years led to the development
of new antibodies and to the admission of first generation „generic“ biologics –
the biosimilars. Biosimilars are not a fundamental new pharmacological
development for existing substances, however they have the potential to lead to
enormous cost savings in healthcare without reducing the level of care for
patients. Biosimilars are not identical with the originator, but in an extensive
biosimilarity exercise including analytical, preclinical and comparative
clinical studies it was shown that the biosimilars could demonstrate
comparability in all relevant aspects with the originator.In September 2013, the
Infliximab biosimilars (Inflectra®, Remsina®) were the
first biosimilars for monoclonal antibodies to be authorized by the EMA for use
in the European Union. By demonstrating the therapeutic similarity only in one
indication (rheumatoid arthritis) the EMA agreed with an extrapolation also to
all approved indications of the originator. This could be a relevant problem in
clinical practice. Therefore, comparative studies with the originator are
required in all approved indications.After expiration of the national patent
protection in beginning of 2015, the infliximab biosimilars will be launched on
the market in Germany and will be part of the therapeutic arsenal in
gastroenterology, rheumatology and dermatology. Interchangeability (Switching)
of biosimilars with the originator will be subject of an important discussion
with the health care providers. Regardless of the biosimilars EMA-approval,
several potential problems (efficacy, extrapolation, switching, long-term
safety) should be the topic of intensive long-term registries in the future.
Schlüsselwörter
Biosimilar - Anti-TNF-α-Antikörper - Infliximab - EMA - Entzündungsmedizin
Keywords
biosimilar - anti-TNF-α-antibody - infliximab - EMA - inflammation medicine