Endoskopie heute 2014; 27 - P23
DOI: 10.1055/s-0034-1371058

Seltene Ursache eines Ulkus ventriculi – eine endoskopisch unterschätzte Komplikation der hepatisch lokoregionären Tumortherapie

C Clajus 1, K Böker 2, M Abbas 3, HH Kreipe 3, MP Manns 4, TO Lankisch 4, H Lenzen 4
  • 1Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Pneumologie, Hannover, Deutschland
  • 2Leberpraxis Hannover, Hannover, Deutschland
  • 3Medizinischen Hochschule Hannover, Institut für Pathologie, Hannover, Deutschland
  • 4Medizinische Hochschule Hannover, Innere Medizin, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie, Hannover, Deutschland

Fallbericht: Eine 63-jährige Patientin stellte sich mit starken epigastrischen Beschwerden zur Gastroskopie vor.

Im Februar 2007 wurde ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) auf dem Boden einer chronischen Hepatitis B Viruserkrankung diagnostiziert. 2007 und 2009 erfolgten jeweils atypische Leberesektionen der HCC Herde. 2012 kam es zu einem erneuten HCC Rezidiv mit multilokulärem Befall ohne extrahepatische Manifestation. 10/12 und 01/13 erfolgte eine transarterielle Chemoembolisation (TACE). Eine zwischenzeitlich durchgeführte Gastroskopie zum Ausschluss von Ösophagusvarizen zeigte nebenbefundlich ein kleines Ulkus ventriculi im Antrum, welches keine Symptome verursachte.

Bei hepatischem Progress unter TACE wurde als lokoregionäre Therapie eine Selektive Interne Radiotherapie (SIRT) durchgeführt. Bei der SIRT werden mehrere Millionen Mikrosphären mit einem Betastrahler Yttrium-90 versehen und über einen Mikrokatheter arteriell injiziert. Durch Radioembolisationen kommt es zu einer Tumornekrose. Bei zunehmenden epigastrischen Schmerzen wurde nun endoskopisch ein großes fibrinbelegtes Ulcus im Antrumbereich mit Ausläufern bis in den Pylorus reichend gesehen (Abb. 1). In der Biopsie zeigten sich neben dem Schleimhautulcus multiple kleine schwarze Partikel (23 µm) in der Lamina propria, die nach SIRT typischen Mikrosphären entsprechen (Abb. 2). Unter hochdosierter PPI-Therapie kam es lediglich zu einer leichten klinischen Verbesserung. Die gastroskopische Kontrolle nach 4 Wochen zeigte ein größenkonstantes Ulcus ohne Anhalt für eine Nekrose oder Perforation.

Schlussfolgerung: Eine Komplikation der SIRT Therapie ist die ektope Implantation von Mikrosphären über aberrante Gefäße in den Gastrointestinaltrakt. Trotz vorheriger Coilembolisation der A. gastroduodenalis kam es in unserem Fall im Rahmen der SIRT Therapie zu einer ektopen Implantation der Mikrosphären in den Magen mit Ausbildung eines schweren Ulcus ventriculi. Dies sollte der Endoskopiker in seiner Differentialdiagnose mit einbeziehen. Die Therapie des Ulcus ist aufgrund der dauerhaften Gewebeschädigung durch Radioembolisation erschwert und sollte bei kompliziertem Verlauf interdisziplinär diskutiert werden.

Abb. 1: Ulcus ventriculi im Antrum mit irregulärer Begrenzung und Fibrinbelägen, bis zum Pylorus ziehend

Abb. 2: H&E Färbung (5x): Schleimhautulcus mit regenerativen Veränderungen und mehreren Mikrosphären (schwarze Punkte) in der Lamina propria der Magenschleimhaut