Aktuelle Urol 2014; 45(2): 135-146
DOI: 10.1055/s-0034-1368176
Fortbildung
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Harnwegsinfektionen

Urinary Tract Infections
F. M. E. Wagenlehner
1   Klinik und Poliklinik für Urologie, Kinderurologie und Andrologie, Justus-Liebig-Universität Gießen
,
A. Pilatz
1   Klinik und Poliklinik für Urologie, Kinderurologie und Andrologie, Justus-Liebig-Universität Gießen
,
K. Naber
2   Technische Universität München
,
W. Weidner
1   Klinik und Poliklinik für Urologie, Kinderurologie und Andrologie, Justus-Liebig-Universität Gießen
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
03. April 2014 (online)

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Zusammenfassung

Harnwegsinfektionen (HWI) gehören zu den häufigsten bakteriellen Infektionen und sind damit auch für einen Großteil der Antibiotikaverschreibungen verantwortlich. Die Bandbreite der HWI reicht von der benignen, unkomplizierten Zystitis bis hin zur schweren, lebensgefährlichen Urosepsis. Aufgrund der Heterogenität der HWI hat die Europäische Sektion für Infektionen in der Urologie (ESIU) der EAU eine phänotypisch geführte Klassifikation der HWI vorgeschlagen, die auf dem klinischen Erscheinungsbild, den Risikofaktoren und der Antibiotikaempfindlichkeit der Erreger beruht. Die Therapie fällt dementsprechend unterschiedlich aus. Bei der unkomplizierten Zystitis werden Antibiotika mit möglichst niedrigem Kollateralschaden empfohlen, die fast ausschließlich hier ihre Berechtigung haben. Bei der unkomplizierten Pyelonephritis stehen Fluorchinolone und Cephalosporine der 3. Generation im Vordergrund. Die Antibiotikatherapie der komplizierten HWI richtet sich im Wesentlichen nach der in der Urinkultur nachgewiesen Antibiotikaempfindlichkeit bzw. bei empirischer Therapie nach der regionalen Resistenzstatistik. Bei der Urosepsis ist die frühe Diagnose und Therapie wichtig. Ein Procalcitoninwert > 0,25 µg/l kann mit guter Sensitivität und ausreichender Spezifität eine Bakteriämie vorhersagen. Neben der frühen Antibiotikatherapie ist die Entlastung einer Harntraktobstruktion der wichtigste Baustein in der Therapie der obstruktiven Urosepsis. Auch im Säuglings- und Kleinkindesalter gehören HWI zu den häufigsten Infektionen. Sie verlaufen jedoch oft mit unspezifischen Symptomen. Die korrekte Uringewinnung für die mikrobiologische Untersuchung ist bei Verdacht auf eine HWI besonders wichtig. Aufgrund der zunehmenden Fluorchinolon-Resistenz treten auch immer mehr infektiöse Komplikationen nach transrektaler Prostatastanzbiopsie auf. Strategien, diese zu senken, umfassen u. a. die mikrobiologische Untersuchung der rektalen Flora auf Fluorchinolon-Resistenz, alternative Antibiotika zur Prophylaxe und die Umstellung auf eine perineale Biopsietechnik.

Abstract

Urinary tract infections (UTI) are amongst the most frequent bacterial infections and therefore responsible for a great amount of antibiotic administration. UTI may present as benign, uncomplicated cystitis or severe, life-threatening urosepsis. Due to the heterogeneity of UTI the European Section of Infections in Urology (ESIU) has introduced a phenotypical classification, based upon the clinical presentation, the risk factors and the antibiotic susceptibility of the causative pathogens. Antibiotic treatment of the UTI varies accordingly. In uncomplicated cystitis antibiotics with low potential for collateral damage are recommended, which are mainly indicated for these infections. In uncomplicated pyelonephritis fluoroquinolones and 3rd generation cephalosporines are recommended. Antibiotic treatment regimens of complicated UTI depend very much on the antibiotic susceptibility according to regional resistance statistics. In urosepsis an early diagnosis and therapy is mandatory. In this regard a procalcitonin level > 0.25 µg/l has a good sensitivity and acceptable specificity in predicting bacteremia. Apart from the early antibiotic therapy successful decompression of the obstructed urinary tract is a predictor of survival. In children UTI are also amongst the most important bacterial infections, although symptoms are frequently not characteristic. The correct sampling of urine for microbiological investigations is critical. Due to the increasing fluoroquinolone resistance, infectious complications after transrectal prostate biopsy are becoming more frequent. Strategies to decrease complications encompass, amongst others, microbiological screening of the faecal flora for fluoroquinolone resistance, administration of alternative antibiotics for prophylaxis and alternative techniques for biopsy, such as perineal prostate biopsy.