XX Die Zeitschrift für Frauen in der Medizin 2013; 2(4): 185
DOI: 10.1055/s-0033-1361072
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Was, ich vielleicht auch? – Burnout kann jede treffen

Sandra Breyer
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
06. November 2013 (online)

Liebe Leserinnen,

vielleicht können Sie das Schlagwort „Burnout“ nicht mehr hören: Jeder kennt jemanden, der jemanden kennt, der auch schon einmal ein Burnout-Syndrom hatte. Manchmal bekommt man schon fast den Eindruck, man würde nicht genug arbeiten, wenn man selbst noch an keinem Burnout gelitten hat. Doch was steckt dahinter? Eine neumodische Erscheinung? Wohl kaum, schon seit weit mehr als 40 Jahren wird darüber geschrieben.

Doch heute ist die Thematik aktueller denn je. Vor allen Dingen für Frauen in der Medizin. Warum trifft es uns häufiger als unsere männlichen Kollegen? Wir sind hochmotiviert, engagiert und voller Idealismus. Und treffen dann auf die Realität: häufige Überstunden, Missachtung der Leistung, überhöhte Anforderungen, Verlust der Selbstkontrolle und ähnliche Stressoren. Doch damit nicht genug. Neben dem Beruf sind viele von uns auch noch Familienmanagerinnen. Auch diese Aufgabe fordert uneingeschränkten Einsatz. Wir wollen und müssen vielleicht manchmal auch alles zu 120 % machen. Wo bleiben wir, als individuelle Personen?

Zu diesen äußeren Faktoren kommen dann noch die „weiblichen“ Strategien: hohe Leistungsansprüche an sich selbst, das Übersehen von Warnsignalen und mangelnde Distanzierungsfähigkeit z. B. am Arbeitsplatz. Und schon steigt das Risiko für ein Burnout.

Bin ich also auch gefährdet? Könnte es mich auch treffen? Wenn man ganz ehrlich und im Stillen nur für sich diese Frage beantwortet, erschrickt man vielleicht, wie nahe man in der Vergangenheit an einem Burnout-Syndrom vorbeigeschrammt ist.

Den oft langwierigen Prozess des Nicht-wahrhaben-Wollens, immer mehr zu arbeiten und schließlich den Zusammenbruch beschreibt die Viszeralchirurgin Beate Herbig in ihrem Interview ehrlich und mutig (ab Seite 222). Sie gibt Hoffnung, dass auch eine Phase des kompletten Ausgebranntseins ungeahnte Kräfte freisetzen kann. Nach dem Burnout ist also nicht vor dem Burnout. Ein Burnout muss nicht heißen, dass der Weg für Karriere und Leistung versperrt ist. Doch ist es essenziell, das Problem zu erkennen, sich nicht in noch mehr Arbeit zu verrennen und sich für professionelle Hilfe zu öffnen.

Wo hört normaler Stress und Müdigkeit, die zu jedem Leben dazu gehören, auf und wo fängt ein Burnout an? Ich darf Sie einladen, sich selbst zu prüfen: Der Test auf Seite 215 gibt einen ersten Hinweis auf Ihre persönliche momentane Gefährdung – ersetzt aber natürlich kein Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin. Ich wünsche Ihnen, dass Sie stabil und ausgeglichen sind. Doch falls nicht, schenken Sie dem Ergebnis Aufmerksamkeit, seien Sie achtsam im Umgang mit sich. Nur dann sind unsere Leistung, unser Idealismus und unsere Einsatzbereitschaft für unseren Beruf, unsere Familien, aber vor allem auch für uns persönlich auch für die Zukunft gesichert.

Mit kollegialen Grüßen

Ihre Herausgeberin Dr. Sandra Breyer

Herausgeberinnen

Dr. med. Sandra Breyer

Dr. med. Astrid Bühren

Dr. med. Anja Haas

Prof. Dr. med. Doris Henne-Bruns

Prof. Dr. med. Marion Kiechle

Expertinnenpanel

Prof. Dr. rer. physiol. Dr. h. c. Ulrike Beisiegel

Dr. phil. Mechthild Determann

Dr. phil. Susanne Dettmer

Prof. Dr. med. Annette Hasenburg

Dr. med. Evelyn Hemper

Prof. Dr. med. Gabriela Möslein

Stefanie Pranschke-Schade

Prof. Dr. med. Vera Regitz-Zagrosek

Prof. Dr. med. Anke Rohde

Prof. Dr. med. Ingrid Schreer

Prof. Dr. med. Petra-Maria Schumm-Draeger