Klinische Neurophysiologie 2013; 44(03): 209-210
DOI: 10.1055/s-0033-1351245
Erfahrungsbericht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Erfahrungsbericht zum Projekt ­Korrelation ­verschiedener Krankheits-Phänotypen und ­Krankheitsstadien der Amyotrophen ­Lateralsklerose (ALS) mit Veränderungen in der grauen und ­weißen Substanz mittels voxel based morphometry (VBM) und diffusion tensor imaging (DTI) Analysen an der University of Oxford (Oxford Centre for Functional MRI of the Brain (FMRIB))[*]

Report on Experience of the Project Correlation between Various Disease Phenotypes and Stages of Amyotrophic Lateral Sclerosis (ALS) with Changes in the Grey and White Matter by Means of Voxel-Based Morphometry (VBM) and Diffusion Tensor Imaging (DTI) Analyses at the University of Oxford [Oxford Centre for Functional MRI of the Brain (FMRIB)]
S. Körner
1   Abteilung für Neurologie mit klinischer Neurophysiologie, Medizinische Hochschule Hannover
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
16. September 2013 (online)

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Hintergrund

Die amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist die häufigste Motoneuronerkrankung im Erwachsenenalter und durch einen selektiven Motoneuronverlust im mittleren Lebensalter charakterisiert. Die Pathogenese der ALS ist bis heute nicht vollständig geklärt. Vermutet wird eine multifaktorielle Ätiologie, wobei bisher genetische Faktoren, oxidativer Stress, ein ­veränderter RNA-Metabolismus, Mitochondrienfunk­tionsstörungen, inflammatorische Prozesse, Störungen des axonalen Transportes, glutamaterge Exzitotoxizität, Schädigung durch Proteinaggregate und ein Defizit an Wachstumsfaktoren als mögliche Einflussfaktoren diskutiert werden.

Strukturell ist bei der ALS das gesamte pyramidal motorische System (erstes motorisches Neuron im Motorkortex, Pyramidenbahn, zweites Motorisches Neuron im Hirnstamm und im Vorderhorn des Rückenmarks) betroffen.

Zunehmend wird auch ein Befall extramotorischer Regionen vermutet, der bereits in einigen neuropsychologischen [1] [2], elektrophysiologischen [3] [4], neuropathologischen [5] und Bildgebungsstudien [6] [7] nachgewiesen wurde. Insbesondere das koinzidente Vorliegen einer ALS mit einer frontotemporalen Demenz (FTD) ist in den Fokus experimenteller und klinischer Forschung gerückt, da durch den Nachweis von Mutationen der Proteine TDP43 (transactive response DNA-binding protein) und FUS/TLS (fused in sarcoma/translocated in liposarcoma) bei beiden Krankheitsentitäten sowie auch durch korrespondierende neuropathologische Befunde eine Verwandtschaft dieser beiden neurodegenerativen Erkrankungen belegt werden konnte [8].

Bisher existiert kein spezifischer Test zur sicheren Diagnosestellung der ALS. Diese basiert daher hauptsächlich auf der klinischen Untersuchung mit dem Nachweis von klinischen Zeichen der Schädigung des 1. und 2. Motoneurons in verschiedenen Körperregionen sowie der Progres­sion der Symptome [9]. Die Entwicklung krankheitsspezifischer Biomarker zur Früherkennung, Verlaufsbeobachtung und als Parameter für Wirksamkeit in Therapiestudien ist von großer klinischer Relevanz. Es gibt daher bereits seit Längerem Bestrebungen mittels der nicht invasiven strukturellen und funktionellen Magnetresonanztomografie (MRT) Veränderungen im Gehirn von ALS-Patienten als potentielle Biomarker zu identifizieren [10] [11] [12] [13] [14] [15]. Dabei stellte sich insbesondere die Diffusions-Tensor-Imaging Technik als sensitive Methode heraus, um eine strukturelle Degeneration der Pyramidenbahn (1. Motoneuron) zu erkennen [16] [17] [18] [19]. Auch Auffälligkeiten im Corpus callosum konnten bei ALS-Patienten mittels Diffusions-Tensor-Imaging festgestellt werden [12] [20]. Demgegenüber zeigten Untersuchungen kortikaler Netzwerke mittels funktioneller Kernspintomografie (resting state-fMRT) bisher kontroverse Ergebnisse mit erhöhter oder erniedrigter funktioneller Konnektivität im kognitiven, sensomotorischen und prämotorischen Netzwerk [11] [13]. Ob die mittels DTI und fMRT erhobenen Befunde in ihrer Ausprägung mit der Schwere der Erkrankung korrelieren und damit eine Einschätzung des Krankheitsstadiums ermöglichen, ist derzeit noch umstritten [16] [17] [19] [21] [22].

* gefördert durch das Stipendium für junge Wissenschaftler der DGKN.