Zusammenfassung
Die chronische lymphatische Leukämie (CLL) zählt zu der Gruppe der indolenten
Non-Hodgkin-Lymphome (NHL). Mit einer Inzidenz von etwa 3–5/100 000/Jahr stellt
die CLL die häufigste Leukämie des Erwachsenenalters dar. Mit einem
Durchschnittsalter von 70–75 Jahren handelt es sich um eine typische
Altersleukämie. Männer sind etwas häufiger als Frauen betroffen. Die Ätiologie
ist nicht genau geklärt.
Die initiale Symptomatik der Erkrankung verläuft uncharakteristisch und meist
schleichend. Es überwiegen meist zervikale Lymphknotenschwellungen und eine
Splenomegalie gefolgt von allgemeiner Müdigkeit und Abgeschlagenheit. Andere
mögliche Symptome sind Nachtschweiß, Fieber, Gewichstverlust (sogenannte
B-Symptome) und gehäufte Infektionen. Nicht selten werden Autoimmunphänomene
beobachtet. Darunter fällt die autoimmunhämolytische Anämie (AIHA) und die
Immunthrombozytopenie (ITP). Die Zerstörung der Erythrozyten und/oder der
Thrombozyten ist meist durch die induzierte Bildung von Wärmeantikörper der
IgG-Klasse oder von Kälteagglutinine der IgM-Klasse bedingt.
Damit die Diagnose einer CLL gestellt werden kann, müssen mehr als 5 000
B-Lymphoyzten/µl im Blut nachweisbar sein. Es schließt sich eine
durchflusszytometrische Untersuchung zum Nachweis der typischen
Oberflächenmarker CD5, CD19 und CD23 an. Mittels Röntgen-Untersuchung des
Thorax, Sonographie des Abdomens bzw. einer CT-Untersuchung kann das Ausmaß der
Lymphadenopathie bzw. Organomegalie erfasst werden. Eine Knochenmarkpunktion ist
für die Diagnose nicht zwingend und auch für die Stadieneinteilung nicht von
Belang.
In Deutschland wird die CLL meist nach der Binet Klassifikation eingeteilt. Diese
berücksichtigt die körperliche Untersuchung und das Blutbild. Patienten im
Stadium Binet A und B unterscheiden sich nur in der Anzahl der betroffenen
Lymphknoten- bzw. Organregionen. Eine ausgeprägte Zytopenie besteht nicht.
Patienten im Stadium Binet C befinden sich in einem fortgeschrittenen Stadium
der Erkrankung und weisen einen Hämoglobinwert unter 10 g/dl und/oder einen
Thrombozytenwert unter 100 000/µl auf.
Wie für indolente Lymphome typisch, besteht mit der Diagnose der Erkrankung nicht
zwangsläufig eine Therapieindikation. Ein Großteil der Patienten kann zunächst
gemäß einem „watch and wait“ –Vorgehen zum Teil über Jahre nachverfolgt
werden.
Als mögliche Therapieindikationen gelten ein Stadium C sowie Zeichen einer
aktiven Erkrankung, wie zum Beispiel eine rasch progrediente Lymphadenopathie
bzw. Organomegalie unter Umständen mit körperlicher Einschränkung, eine nicht zu
tolerierende B-Symptomatik, sich rasch verschlechternde Blutwerte oder rasch
ansteigende Leukozytenzahlen. Die Höhe der Leukozytose stellt keine
Therapieindikation dar.
Mit den heutigen Therapiemöglichkeiten gilt die CLL, von der allogenen
Stammzelltransplantation abgesehen, als nicht heilbar. Im Rahmen der
Therapieentscheidung wird zwischen fitten Patienten, die einer aggressiveren
Therapie zuzuführen sind, und komorbideren Patienten unterschieden.
Aktueller Standard bei der Therapie von Patienten in gutem Allgemeinzustand ist
eine kombinierte Chemoimmuntherapie. Meist wird Fludarabin und Cyclophosphamid
zusammen mit dem CD20-Antikörper Rituximab (FCR) oder Bendamustin zusammen mit
Rituximab (BR) verwendet.
Komorbide Patienten werden oft mit dem oral verfügbaren Chemotherapeutikum
Chlorambucil, alternativ auch mit Bendamustin, eventuell in Kombination mit
Rituximab behandelt.
Wegen der hohen Morbidität und Mortalität kommt die Stammzelltransplantation nur
für wenige Patienten in Frage und sollte bei einer genetischen
Hochrisiko-Situation, wie einer Deletion 17p, bei fehlendem Ansprechen auf eine
Standardtherapie oder bei einem frühen Krankheitsrezidiv diskutiert werden.
Abstract
Chronic lymphocytic leukemia (CLL) is a lymphoproliferative disorder that
accounts for approximately 30 % of adult leukemias and 25 % of Non-Hodgkin
lymphomas (NHL). It is the most common form of leukemia in the western world
(incidence 3–5/100 000). Elderly people are mainly affected, median age at
diagnosis is around 70 years and there is a slight predominance in men. The
etiology of the disease is unknown.
The initial symtoms are nonspecific. Cervical lymphadenopathy and splenomegaly
followed by general fatigue are seen most commonly. Other possible symptoms
include night sweats, fever, loss of weight (so-called B symptoms) and frequent
infections. Several patients develop autoimmune complications as autoimmune
hemolytic anemia (AIHA) or immune thrombocytopenia (ITP).
To confirm the diagnosis more than 5000 B-lymphocytes/µl need to be present. The
expression of the typical surface markers CD5, CD19, and CD23 has to be
confirmed by flow cytometry. Imaging studies as X-ray of the chest, ultrasound
of the abdomen, or CT scan are used to assess the degree of lymphadenopathy or
organomegaly. A bone marrow biopsy is not mandatory for the diagnosis.
According to the European Binet staging system, CLL is divided into 3 stages (A,
B and C). Patients in Binet stage A have 0 to 2 areas of node or organ
enlargement with normal levels of hemoglobin and platelets. Binet stage B
patients have 3 to 5 areas of node or organ enlargement and normal or slightly
decreased levels of hemoglobin and platelets. Binet stage C patients have anemia
(hemoglobin < 10 g/dl) and/or thrombocytopenia (platelet counts < 100
000/µl), with or without lymphadenopathy or organomegaly.
As there is no survival benefit associated with early intervention, asymptomatic
patients with early stage CLL (Binet stage A and B) are usually not treated but
are followed on a “watch and wait” principle. Treatment indications include
stage Binet C or signs of an active disease as rapidly progressive
lymphadenopathy or organomegaly together with physical limitation, B symptoms
that cannot be tolerated, rapidly deteriorating blood values, or rapidly
increasing leukocyte counts.
The patient´s physical condition has major impact on the treatment decision.
Currently immunochemotherapy with fludarabine, cyclophosphamide and the
CD20-antibody rituximab (FCR) is the standard of care in previously untreated
and physically fit CLL-patients. An alternative regimen is the combination of
bendamustine and rituximab (BR). Physically compromised patients can be treated
with the oral drug chlorambucil or with bendamustine with or without
rituximab.
Due to high morbidity and mortality, allogeneic stem cell transplantation is
limited to a small group of patients and should be discussed in a high-risk
situation, such as 17p deletion, lack of response to standard therapy or early
relapse.
Schlüsselwörter
chronische lymphatische
Leukämie - Diagnose - Therapie
Keywords
chronic lymphocytic leukemia - diagnosis - therapy