Endoskopie heute 2013; 26 - FV5
DOI: 10.1055/s-0033-1333949

Neurogene Dysphagien: Endoskopische Beurteilung der ösophagealen Phase des Schluckaktes

T Warnecke 1, P Lenz 2, R Dziewas 1, J Wessling 3, I Herrmann 4, D Domagk 2
  • 1Universitätsklinikum Münster, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Münster, Germany
  • 2Universitätsklinikum Münster, Medizinische Klinik und Poliklinik B, Münster, Germany
  • 3Universitätsklinikum Münster, Institut für Klinische Radiologie, Münster, Germany
  • 4Interdisziplinäres Reflux-Center, Düsseldorf, Germany

Einleitung: Etwa die Hälfte aller Patienten mit neurologischen Erkrankungen, wie z.B. Schlaganfall oder Parkinson, leiden an Schluckstörungen. Neben der Behinderung der Nahrungsaufnahme mit konsekutiver Malnutrition und Dehydratation besteht bei diesen Patienten auch ein erheblich erhöhtes Risiko für Aspirationspneumonien. Dabei betreffen neurogene Dysphagien nicht nur die orale und pharyngeale, sondern oft auch die ösophageale Phase des Schluckaktes.

Methodik: Mit einem ultradünnen flexiblen Videoendoskop (BF-3C160) soll die ösophageale Schluckphase – und hier insbesondere das Verhalten des oberen Ösophagussphinkters (UES) – systematisch bei Patienten mit neurogenen Dysphagien untersucht werden. Die wesentliche Neuerung besteht darin, dass die ösophageale Phase und damit das Verhalten des UES mit dem Endoskop in Inversion direkt beobachtet werden kann (Bild 1).

Ergebnis: Die Dysphagiediagnostik wird in enger Zusammenarbeit der neurologischen, gastroentrologischen und radiologischen Kliniken durchgeführt. Neben der neurologisch-endoskopischen Dysphagiediagnostik (FEES) sowie der radiologischen Schluckdiagnostik (VFSS) erhalten die Patienten auch eine ösophageale Schluckendoskopie. Dazu wird das Videoendoskop beim wachen Patienten unter Sicht durch den UES zunächst bis in den distalen Ösophagus eingeführt, dort in Inversionsstellung gebracht und dann sukzessive zurückgezogen, bis der UES von kaudal sichtbar wird. Anschließend erhalten die Patienten Testboli verschiedener Nahrungskonsistenzen (flüssig, halbfest und fest). In Ergänzung wird bei den Patienten eine High-Resolution-Manometrie zur Quantifizierung des intraösophagealen Drucks durchgeführt.

Schlussfolgerung: Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit zusätzlicher endoskopischer Evaluation auch der ösophagealen Phase des Schluckaktes soll die Dysphagiediagnostik bei neurologischen Erkrankungen weiter verbessert und das klinische Verständnis der komplexen Störungsmuster neurogener Dysphagien vertieft werden. Gerade weil primäre und sekundäre Öffnungsstörungen des oberen Ösophagussphinkters ein häufiges diagnostisches und therapeutisches Problem bei neurogenen Dysphagien darstellen, kann das hier vorgestellte Vorgehen möglicherweise dazu beitragen, solche Patienten gezielter speziellen prophylaktischen oder therapeutischen Maßnahmen zuzuführen.

Abb. 1: Transnasale Endoskopie. Das flexible Endoskop ist in Inversion und ermöglicht so die Beurteilung des oberen Ösophagussphinkters.