Zusammenfassung
Im Jahr 2009 betrug der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland
19,6%. Bisherige Studien deuten auf einen anderen Gesundheitszustand, ein anderes
Gesundheitsbewusstsein sowie Gesundheitsverhalten dieser Personengruppe im Vergleich
zu Menschen ohne Migrationshintergrund hin. Um gültige Aussagen zur Gesundheitssituation
von Migranten zu erhalten, werden epidemiologische Studien benötigt. Epidemiologische
Fragestellungen können mithilfe schon bestehender Datenbestände beantwortet werden.
In manchen Datenquellen liegen bereits detaillierte Angaben zum Migrationsstatus der
Teilnehmer vor. Aus anderen Datenbeständen können Menschen mit Migrationshintergrund
anhand von onomastischen oder toponomastischen Verfahren identifiziert werden. Können
diese Datenquellen nicht zur Beantwortung der Fragestellung genutzt werden, müssen
Menschen mit Migrationshintergrund neu in eine Studie rekrutiert werden. Sie können
dabei registerbasiert (z. B. über Einwohnermeldeamtsregister oder Telefonverzeichnisse)
oder wohnstandortbasiert (Random-Route- oder Random-Walk-Verfahren), über das Schneeballprinzip
(z. B. Schlüsselpersonen) oder direkt über Settings (z. B. Schuleingangsuntersuchungen)
rekrutiert werden. Ein Oversampling alleine reicht jedoch nicht aus. Um innerhalb
der Stichprobe systematische Verzerrungen durch Nichtteilnahme zu vermeiden, müssen
zusätzliche Maßnahmen zur Erreichbarkeit und Teilnahmebereitschaft getroffen werden.
Eine persönliche Kontaktierung der potentiellen Teilnehmer, mehrsprachige Instrumente,
mehrsprachige Interviewer und eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit tragen zur Erhöhung
der Erreichbarkeit und Teilnahmebereitschaft bei. Empirische Belege für ‚erfolgreiche‘
Rekrutierungsstrategien fehlen bisher in der epidemiologischen und gesundheitswissenschaftlichen
Forschung bzw. werden nur unzureichend kommuniziert. Die Wahl der Rekrutierungsstrategie
sowie der Maßnahmen zur Erhöhung der Erreichbarkeit und Teilnahmebereitschaft sollten
sich ganz konkret an den zur Verfügung stehenden Ressourcen, der Fragestellung und
vor allem der Zielgruppe, die rekrutiert und befragt werden soll, orientieren.
Abstract
In 2009, 19.6% of the population of Germany either had migrated themselves or were
the offspring of people with migration experience. Migrants differ from the autochthonous
German population in terms of health status, health awareness and health behaviour.
To further investigate the health situation of migrants in Germany, epidemiological
studies are needed. Such studies can employ existing databases which provide detailed
information on migration status. Otherwise, onomastic or toponomastic procedures can
be applied to identify people with migration background. If migrants have to be recruited
into an epidemiological study, this can be done register-based (e. g., data from registration
offices or telephone lists), based on residential location (random-route or random-walk
procedure), via snowball sampling (e. g., through key persons) or via settings (e. g.,
school entry examination). An oversampling of people with migration background is
not sufficient to avoid systematic bias in the sample due to non-participation. Additional
measures have to be taken to increase access and raise participation rates. Personal
contacting, multilingual instruments, multilingual interviewers and extensive public
relations increase access and willingness to participate. Empirical evidence on ‘successful’
recruitment strategies for studies with migrants is still lacking in epidemiology
and health sciences in Germany. The choice of the recruitment strategy as well as
the measures to raise accessibility and willingness to participate depend on the available
resources, the research question and the specific migrant target group.
Schlüsselwörter
Migration - Identifizierung - Rekrutierung - epidemiologische Studien
Key words
migration - identification - sampling - epidemiological studies