Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2012; 47(1): 14-21
DOI: 10.1055/s-0032-1301375
Fachwissen
Notfallmedizin
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Notsectio und interdisziplinäre Notfallkonzepte im Kreißsaal – ”Und wenn es schnell gehen soll?“

Emergency caesarean section and interdisciplinary emergency concepts for the delivery room – ”What to do if it is urgent?“
Lutz Kaufner
,
Katharina Weizsäcker
,
Claudia Spies
,
Aarne Feldheiser
,
Christian von Heymann
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Publication Date:
27 January 2012 (online)

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Zusammenfassung

Im geburtsmedizinischen Notfall ist entschlossenes und zügiges Handeln essenziell für das kindliche und/oder mütterliche Überleben. Die Therapie peripartaler Blutungen, der Schulterdystokie, hypertoner Entgleisungen, embolischer Geschehen und fetaler Bradykardien setzt ein interdisziplinär abgestimmtes Handeln voraus, in dem die Notsectio häufig zentraler Bestandteil der Therapie ist. Interdisziplinäre Notfallkonzepte für die wichtigsten geburtsmedizinischen Komplikationen unter Berücksichtigung der strukturellen Voraussetzungen und gesetzlichen Vorgaben der eigenen Klinik können die Handlungsabläufe optimieren. Dabei müssen Alarmierung, Kommunikation, Logistik, die priorisierten Einzelhandlungen der Therapie und die Auswertung interdisziplinär abgestimmt werden. Ein regelmäßiges interdisziplinäres Training der wichtigsten geburtsmedizinischen Komplikationen kann helfen, unnötige Zeitverluste zu vermeiden.

Abstract

Resolute and rapid action in obstetric emergencies is essential for the child and/or maternal survival. Therefore emergency caesarean section and the emergency actions for peripartal haemorrhage, shoulder dystocia, fetal bradycardia, hypertension and embolism should be interdisciplinarily coordinated. Interdisciplinary emergency concepts for the major complications could help to optimise their therapy taking structural conditions and legal requirements into account. Emergency concepts should include the alarm- procedure, communication, logistics, the priority steps in therapy as well as the analysis of the passed obstetric emergency. A regular interdisciplinary training of the major obstetric emergencies may help to avoid unnecessary loss of time.

Kernaussagen

  • Auch in den Industrienationen ist die schwere peripartale Hämorrhagie eine der führenden Ursachen mütterlicher Sterblichkeit.

  • Die Notsectio ist häufig zentraler Bestandteil der Therapie verschiedener geburtsmedizinischer Komplikationen.

  • Ein interdisziplinäres Notfallkonzept zur Notsectio und ein regelmäßiges Training können helfen, die interdisziplinären Handlungen innerhalb der Notsectio zu harmonisieren. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn zusätzlich begleitende maternale Komplikationen behandelt werden müssen (z. B. atone Blutung).

  • In einem Notfallkonzept zur Notsectio müssen die Teamzusammensetzung, die Alarmierung, die Kommunikation, die Priorisierung der Einzelhandlungen, die Auswertung und das Training interdisziplinär abgestimmt werden.

  • Jedes Teammitglied muss im Notfall wissen, welche Therapie von der jeweils anderen Fachdisziplin zeitgleich durchgeführt wird und welche Therapieoptionen sich anschließen.

  • Zur Therapie der schweren peripartalen Blutung gehören verschiedene operative, aber auch interventionell-radiologische Therapieansätze. Sie geht einher mit einer stetigen Optimierung der Blutgerinnungssituation.

  • Ein kreißsaalnahes Notfalldepot mit lyophilisiertem Frischplasma und Tranexamsäure ermöglicht eine frühzeitige Gerinnungstherapie bis zum Eintreffen der Notfallblutprodukte.

  • Das hohe kindliche Asphyxierisiko bei der Schulterdystokie erfordert ein schnelles Handeln aller beteiligten Teammitglieder.

  • Für die Narkoseeinleitung bei einer Schulterdystokie müssen Zeitverluste für Geräteanschluss und Narkosevorbereitung unbedingt vermieden werden.

  • Ein regelmäßiges interdisziplinäres Simulationstraining hinterlegter Notfallkonzepte an Originalschauplätzen kann helfen, Prozessabläufe für den Notfall zu optimieren.

Ergänzendes Material