Endoskopie heute 2011; 24(3): 201
DOI: 10.1055/s-0031-1283782
Würdigung

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Professor Dr. med. Gerhard Volkheimer – 90 Jahre

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Publication Date:
27 September 2011 (online)

Am 11. Juli 2011 feierte Prof. Volkheimer in bemerkenswerter geistiger und körperlicher Frische seinen 90. Geburtstag. Seine ebenfalls noch sehr fitte Frau Ruth hatte einen würdigen Geburtstagsempfang vorbereitet. Im Gespräch waren Lebensdaten, gesellschaftliche Ereignisse und medizinisch-wissenschaftliche Fakten minutiös präsent. 

In ungebrochener Vitalität reisten „Volkheimers“ am nächsten Tag in die Heimat, nach Kempten im Allgäu. Dort hatte er – am 11. Juli 1921 geboren – bis zum Abitur gelebt. Sein Medizinstudium absolvierte er bis zum Physikum in Erlangen. Dann studierte er weiter als Wehrmachtsangehöriger im Sanitätsdienst in Graz, Kiel, Würzburg und Marburg mit zwischenzeitlichen Fronteinsätzen. Nur ein glücklicher Zufall bewahrte ihn vor dem Untergang mit seinem torpedierten Kriegsschiff. Examen und Promotion erfolgten in Marburg. 

1946 bis 1948 war er wissenschaftlicher Assistent an der Medizinischen Universitätsklinik Marburg („der alte Schölmerich war mein Stationsarzt“) und an den Pathologischen Instituten in Marburg und Bochum (Prof. di Biasi).

1948 bis 1951 erfolgte seine chirurgische Ausbildung an den Universitätskliniken der Berliner Charité.

1951 wechselt Dr. Volkheimer an die I. Medizinische Klinik der Charité. Unter den Professoren Th. Brugsch und später FH. Schulz erhielt er eine exzellente internistische Ausbildung und baute erfolgreich eine klinische und experimentelle Gastroenterologie auf (großes „Laboratorium für experimentelle Gastroenterologie“). Im Mittelpunkt seiner wissenschaftlichen Tätigkeit stand der Dünndarm. Der von Gustav Herbst 1844 entdeckte und von Rahel Hirsch 1906 erstmals am Menschen beobachtete und in Vergessenheit geratene Übertritt fester Partikel aus dem Digestionstrakt in die Blutbahn und deren Elimination in den Urin faszinierte ihn. Auf das Thema „Persorption“ konzentrierte er viele experimentelle Arbeiten, an denen perfekt organisiert viele Doktoranden beteiligt waren. 

1962 habilitierte er an der Humboldt-Universität zu Berlin. 

Schwerpunkte in der Entwicklung der gastroenterologischen Abteilung waren die gastroenterologische Funktionsdiagnostik, die starre und flexible Endoskopie und die Röntgendiagnostik des Verdauungskanals. Das seinerzeit modernste Röntgengerät (Orbiskop) konnte er nur für die eigene Praxis anschaffen. 

Prof. Volkheimer war als a. o. Dozent – eine ordentliche Dozentur oder Professur konnte er als Westberliner nicht bekommen – Leiter der Abteilung für Gastroenterologie an der I. Medizinischen Klinik der Charité, bis es 1967 aus politischen Gründen nicht mehr möglich war. 

1969 erfolgte die Umhabilitation an die Freie Universität, 1972 die Ernennung zum APL-Professor. 

Prof. Volkheimer verfügt über eine immense ärztliche Erfahrung, die er im großen Krankengut der Charité und in der gemeinsam mit seiner Ehefrau perfekt organisierten gastroenterologischen Praxis am Bayerischen Platz sammeln konnte. Dort arbeitete er von 1948 bis 1993 (von 1951 bis 1967 neben der Tätigkeit in der Charité – am frühen Morgen und ab dem späten Nachmittag / Abend). 

Besonders bemerkenswert ist deshalb die wissenschaftliche Leistung von Prof. Volkheimer, der neben seinen Monografien „Persorption“ (Georg-Thieme-Verlag Stuttgart, 1971) und „Gastroenterologie für die Praxis (J. F. Lehmanns Verlag München, 1975) über 300 Einzelarbeiten veröffentlichte. 

Sehr erfolgreich und didaktisch brilliant referierte Prof. Volkheimer auf Fortbildungsveranstaltungen über „Rationelle Praxis …“, „Rationelle Diagnostik …“, „Rationelle Therapie …“. 

Mit Talent und Erfolg organisierte Prof. Volkheimer wissenschaftliche Veranstaltungen. Unter anderem den Kongress der Bayerischen Gesellschaft für Gastroenterologie in Hindelang und als Sektionsvorsitzender Endoskopie gemeinsam mit Prof. Riecken den Kongress der DGVS in Berlin 1984. 

Die Gesellschaft für Endoskopie und Bildgebende Verfahren (DGE-BV) ernannte ihn 1997 zu ihrem Ehrenmitglied. 

Die Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie in Berlin und Brandenburg ehrte ihr Ehrenmitglied am 31. August 2011 in der Charité mit einem Symposium. Es dokumentierte die Fortschritte der Gastroenterologie im Bereich des Dünndarms (Zur Bedeutung der Mikrobiota – M. Zeitz), im Bereich der Parastologie (R. Ignatius) und in der bildgebenden Diagnostik / interventionellen Endoskopie (J. F. Riemann). „Volkheimers Leben für die Gastroenterologie“ skizzierte M. Lüning, der auch für eine den Saxophonspieler Volkheimer und das Auditorium überraschende, gut gelungene Jazz-Einlage sorgte. 

Persönlich habe ich Prof. Volkheimer als Student und junger Arzt und Wissenschaftler an der Charité zunächst nur aus der Ferne, aus Erzählungen seiner ehemaligen Kollegen, und aus der Literatur kennen und schätzen lernen können. Nach der Wende sind wir uns an der Charité, der er sich immer verbunden fühlte, und in den gastroenterologischen Gesellschaften begegnet. 

Wir bewundern seine großartige Lebensleistung und gratulieren Prof. Volkheimer sehr herzlich zu seinem Geburtstag. 

H.-J. Schulz, Berlin

Prof. Dr. med. H.-J. Schulz

Sana Klinikum Lichtenberg · Klinik für Innere Medizin I

Gastroenterologie

Fanningerstraße 32

Phone: 10365 Berlin

Email: hj.schulz@sana-kl.de

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