Psychiatrie und Psychotherapie up2date 2011; 5(05): 285-300
DOI: 10.1055/s-0031-1276852
Essstörungen, somatische Belastungsstörungen, Schlafstörungen und sexuelle Funktionsstörungen

Psychosomatik und Psychotherapie der koronaren Herzerkrankung

Matthias Michal
,
Thomas Münzel
,
Manfred Beutel
Kernaussagen
  • Die koronare Herzerkrankung (KHK) ist eine Volkskrankheit, die mit einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensqualität einhergehen kann.

  • Psychosoziale Faktoren (Stress in der Familie, Stress am Arbeitsplatz, Armut, soziale Isolation, seelische Erkrankungen) und ein ungesunder Lebensstil (z. B. Übergewicht, Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung) spielen für die Entstehung und den Verlauf der KHK eine entscheidende Rolle.

  • Patienten in psychiatrischer Behandlung haben im Allgemeinen ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer KHK und einen ungünstigen Verlauf dieser chronischen Erkrankung.

  • Am besten untersucht ist die Bedeutung der Depression für die Entstehung und den Verlauf der KHK. Besonders kardiotoxisch sind die somatischen Symptome der Depression wie Schlafstörungen, Müdigkeit und Erschöpfbarkeit. Der kardiotoxische Effekt der Depression wird über einen ungesunden Lebensstil, eine schlechte Therapieadhärenz und Compliance sowie mutmaßlich direkte biologische Mechanismen (z. B. reduzierte Herzratenvariabilität, gesteigerte Inflammation) vermittelt.

  • Trizyklische Antidepressiva erhöhen die Mortalität bei der KHK.

  • Ca. 50 % aller Betroffenen überleben einen Herzinfarkt nicht, 2 Drittel versterben noch vor Erreichen des Krankenhauses. In Reaktion auf einen Herzinfarkt entwickeln überlebende Patienten häufig Ängste bis hin zum Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie somatoforme und depressive Beschwerden.

  • Bei Patienten mit KHK und psychischer Komorbidität sollten Maßnahmen zur Verbesserung des Lebensstils und der Krankheitsverarbeitung in die psychiatrische Patientenführung integriert werden.

  • Bei Patienten mit psychischen Störungen sollte im Rahmen der Primärprävention das kardiovaskuläre Risiko identifiziert werden. Entsprechend dieses Risikos sollten Interventionen zur kardiovaskulären Risikoreduktion, insbesondere der Aufbau eines gesünderen Lebensstils, Bestandteil der längerfristigen Patientenführung sein.



Publication History

Publication Date:
18 August 2011 (online)

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