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DOI: 10.1055/s-0030-1271290
Teilhabe orientiertes, endoskopisch gestütztes Trachealkanülen-Management: Vom notwendigen Übel zum Hilfsmittel
Die neurologisch-neurotraumatologische Frührehabilitation ist Bindeglied zwischen Intensivmedizin und sozialer Integration. Bei Aufnahme sind die Patienten in der Regel noch tracheotomiert. Die Tracheotomie erfolgte wegen Langzeitbeatmung im Akutstadium oder als Dauerversorgung wegen Ausfall von Husten und/oder Schluckreflex bzw. fortgesetzter Beatmungspflicht wegen ventilatorischer Insuffizienz oder zentraler Regulationsstörung.
Gängiger, nicht Evidenz basierter Behandlungsstandard ist die geblockte Trachealkanüle bei schwerer Aspiration und/oder Beatmungspflicht. Hiermit werden aber wesentliche Zielsetzungen für die soziale Reintegration, nämlich die sprachliche Kommunikation und die Teilhabe an der oralen Nahrungsaufnahme, ausgegrenzt.
Empirische Erfahrungen mit Patienten aller Altersgruppen im Rahmen der stationären Behandlung und einer ambulanten Dysphagiesprechstunde zeigen, dass eine individuelle Kanülenauswahl, flankiert mit einem bedarfsorientierten Sekretmanagement die geblockte Kanüle zur Ausnahme macht. Damit werden sogar unabhängig von der Beatmungspflicht die sprachliche Kommunikation und zumindest eine teilorale Ernährung ermöglicht. Die Trachealkanüle gewinnt damit die Rolle eines Hilfsmittels zur Teilhabe im sozialen Kontext entsprechend der International Classification of Functioning, Disability and Health, WHO 2001 und dem darauf basierenden Sozialgesetzbuch IX.
Das Kanülen- und Dysphagiemanagement ist auf die Videoendoskopische Diagnostik und ein engmaschiges endoskopisches Monitoring angewiesen.
Literatur:
[1] BAR Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, ICF-Praxisleitfaden 2, 2008, www.bar-frankfurt.de
[2] Diesener P, Vom notwendigen Übel zum Hilfsmittel. ICF-Denken bewirkt Paradigmenwechsel im Trachealkanülenmanagement, Neurologie & Rehabilitation 13 Supplement 1 (2009): 19–20
[3] Diesener P, Kommunikation und Kostaufbau unter intensivmedizinischen Bedingungen, Schriftenreihe 24, 2002, Hegau-Jugendwerk Gailingen, www.hegau-jugendwerk.de
[4] Heidler MD, Rehabilitation schwerer pharyngo-laryngo-trachealer Sensibilitätsstörungen bei neurologischen Patienten mit geblockter Trachealkanüle, Neurol Rehabil 2007, 13(1): 3–14
[5] Lipp B, Schlaegel W, Das Traeostoma in der neurologischen Frührehabilitation, Forum Logopädie 1997, 2: 8–11