Krankenhaushygiene up2date 2011; 6(4): 260
DOI: 10.1055/s-0030-1257119
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Universelle vs. gezielte MRSA-Screenings

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Publication Date:
21 December 2011 (online)

Leonhardt KK et al. Clinical Effectiveness and Cost Benefit of Universal versus Targeted Methicillin-Resistant Staphylococcus aureus Screening upon Admission in Hospitals. Infect Control Hosp Epidemiol 2011; 32: 797 – 803

Infektionen mit Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) führen aufgrund der längeren Verweildauer zu deutlich höheren Krankenhauskosten. Es existieren in der Literatur bislang unterschiedliche Daten zu der Frage, inwieweit unterschiedliche Screening-Strategien helfen, nosokomiale Infektionen zu verhindern und dabei auch noch kosteneffektiv sind. In der vorliegenden Studie wurde untersucht, ob ein Aufnahme-Screening aller Patienten gegenüber einem Screening von Risikopatienten zu einer Reduktion nosokomialer MRSA-Infektionen führt und ob diese Strategie kosteneffektiv ist.

Leonhardt et al. verglichen insgesamt 15049 Patienten in 2 Krankenhäuser einer Region mit 185 beziehungsweise 167 Betten miteinander. Zunächst wurden in beiden Häusern über 9 Monate ausschließlich Risikopatienten mithilfe von Nasenabstrichen mit einem PCR-Verfahren gescreent (MRSA-Anamnese, Krankenhausaufenthalt in den letzten 6 Monaten, Aufenthalt auf der Intensivstation, Patienten aus Langzeitpflegeeinrichtungen oder Justizvollzugsanstalten, Dialysepatienten, Patienten vor bestimmten orthopädischen und kardiochirurgischen Operationen). In den darauf folgenden 5 Monaten setzte das Kontrollkrankenhaus dieses Vorgehen fort, im Interventionskrankenhaus wurden alle erwachsenen Patienten einem MRSA-Screening bei Aufnahme unterzogen. In beiden Krankenhäusern waren alle Patienten ausschließlich in Einzelzimmern untergebracht. Bei einem Nachweis von MRSA wurden zusätzliche Barrieremaßnahmen einschließlich der Benutzung von Handschuhen, Schutzkleidung und ggf. Mundnasenmasken eingeleitet. Darüber hinaus wurde, falls erforderlich, eine perioperative Dekolonisation und Antibiotikaprophylaxe durchgeführt. Die Dekolonisation von MRSA-Trägern war jedoch nicht Gegenstand der Untersuchung.

Mit der Einführung des universellen Screenings stieg die Screeningrate bei Aufnahme statistisch signifikant von 35,14 % auf 84,98 % (p < 0,01). Dabei erhöhte sich die MRSA-Prävalenzrate bei Aufnahme von 1,76 auf 4,02 pro 100 Aufnahmen (p < 0,01). Die Zahl der nosokomialen MRSA-Infektionen sank statistisch nicht signifikant von 0,27 % auf 0,15 % (p = 0,23). Bei Patienten mit nosokomialen MRSA-Infektionen verlängerte sich die Verweildauer um durchschnittlich 6,97 Tage (p < 0,01), was mit zusätzlichen Kosten von 12879,64 $ pro Patient einherging. Bezogen auf alle Patienten ergaben sich durch die Senkung der nosokomialen MRSA-Infektionsrate Einsparungen von 15,44 $ bei zusätzlichen Aufwendungen für das universelle Screening von 31,19 $ pro Patient, es erstand also ein Nettoverlust von 0,50 $ pro eingesetztem Dollar.

Fazit: Die Einführung eines universellen MRSA-Screenings bei Aufnahme des Patienten erhöht den Nachweis von MRSA-Trägern, kann die Anzahl nosokomialer MRSA-Infektionen jedoch nicht deutlich verringern und ist auch nicht kosteneffektiv. Mit Ausnahme der ausschließlichen Unterbringung von Patienten in Einzelzimmern sind die ergriffenen Hygienemaßnahmen mit denen in Deutschland durchaus vergleichbar. Allerdings ist die nosokomiale Transmissionsrate während der ersten 24 h gering. Die Einnahmeverluste durch die Verlegung in ein Einzelzimmer dürften in Deutschland jedoch insgesamt einen erheblichen Kostenfaktor darstellen. Zusammenfassend gibt es aus den Daten dieser Arbeit keine Veranlassung, ein generelles MRSA-Screening aller Krankenhauspatienten zu fordern. Dieses sollte weiterhin Risikopopulationen vorbehalten sein.

Dr. Patrick Weißgerber, Tübingen

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