Krankenhaushygiene up2date 2011; 6(3): 173
DOI: 10.1055/s-0030-1256849
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Nasale MRSA-Besiedlung kein Indikator für nosokomiale Infektion

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Publication Date:
08 September 2011 (online)

Sarikonda KV, Micek ST, Doherty JA et al. Methicillin-resistant Staphylococcus aureus nasal colonization is a poor predictor of intensive care unit acquired methicillin-resistant Staphylococcus aureus infections requiring antibiotic treatment. Crit Care Med 2010; 38: 1991 – 1995

Screeningprogramme auf MRSA bei der Aufnahme und mitunter in regelmäßigen Abständen gehören inzwischen zur Routine auf vielen Intensivstationen. Die Arbeitsgruppe um Sarikonda et al. ging der Frage nach, ob die Ergebnisse des nasalen MRSA-Screenings eine Vorhersage von MRSA-Infektionen im Verlauf des Intensivaufenthaltes ermöglichen.

Hierzu wurden 749 Patienten in einem 7-monatigen Zeitraum zwischen November 2007 und Juni 2008 auf einer medizinischen Intensivstation in die Studie aufgenommen. 164 Patienten (21,9 %) waren bei Aufnahme nasal MRSA-kolonisiert. 19 Patienten (10,4 %) wurden im Verlauf des Aufenthaltes MRSA-positiv. Die klinisch relevante Vorhersagewahrscheinlichkeit einer manifesten MRSA-Infektion der tiefen Atemwege oder einer MRSA-Septikämie im Verlauf war mit einem positiven Vorhersagewert von 17,7 % bzw. 11 % und einem negativen Vorhersagewert von 84,4 % bzw. 89,7 % gering. Auch unter Einrechnung von weiteren Screeningergebnissen im wöchentlichen Intervall ergab sich keine Verbesserung der Vorhersagewahrscheinlichkeit klinisch bedeutsamer Infektionen durch MRSA. Das Risiko, eine MRSA-Infektion zu erleiden, war zwischen screeningpositiven und screeningnegativen Patienten nicht statistisch signifikant unterschiedlich.

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Ergebnisse des nasalen MRSA-Screenings nur vorsichtig bei der kalkulierten Antibotikatherapie bei nosokomialen Infektionen im Verlauf des Intensivaufenthaltes berücksichtigt werden dürfen. Methodische Probleme der Studie seien der Charakter einer Single-Centerstudie und dass nur nasale Screeningtests durchgeführt wurden.

Fazit: Die vorliegende Arbeit wirft ein Schlaglicht auf die Schwierigkeiten der Interpretation von mikrobiologischen Screeningergebnissen mit Kolonisationsbefunden bei nachfolgenden Therapieentscheidungen zur kalkulierten Antibiotikatherapie bei nosokomialen Infektionen. Angesichts der hohen Kolonisierungsrate bei Aufnahme in dieser Studie ist davon auszugehen, dass durch das rein nasale Screening nicht alle MRSA-positiven Patienten erfasst wurden. Dass auch bei den primär nicht kolonisierten Patienten gleichermaßen viele (nosokomiale) MRSA-Infektionen auftraten, ist ein Hinweis, dass weniger die individuelle Kolonisierung als vielmehr die Gesamt-MRSA-Last der Abteilung ein Risikofaktor für eine nosokomiale Infektion darstellt, der bei der kalkulierten Therapie berücksichtigt werden muss. Welche relative Gewichtung Ergebnisse von Screeningkulturen gegenüber zurückliegenden, klinisch indizierten Kulturen hierbei haben, bleibt spekulativ.

PD Dr. Sebastian Schulz-Stübner, Freiburg

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