Krankenhaushygiene up2date 2010; 5(4): 238-239
DOI: 10.1055/s-0030-1256114
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Antibiotikaprophylaxe zur PEG-Anlage

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Publication Date:
27 December 2010 (online)

Blomberg J, Lagergren P, Martin L et a. Novel approach to antibiotic prophylaxis in percutaneous endoscopic gastrostomy (PEG): randomised controlled trial. BMJ 2010; 340: C3115

Der Einsatz von perkutanen, endoskopischen Gastrostomien (PEG) zur enteralen Ernährung bei Patienten mit lang anhaltenden Schluckstörungen unterschiedlicher Genese hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Obwohl es sich bei der PEG-Anlage um einen vergleichsweise „kleinen” Eingriff handelt, ist er doch mit einer Reihe von Komplikationen behaftet. Da die Patienten in der Regel zahlreiche Risikofaktoren für die Entwicklung von Wundinfektionen (z. B. hohes Alter, reduzierter Allgemein- und Ernährungszustand, maligne Grunderkrankungen, immunsuppressive Behandlung etc.) aufweisen, hat sich die intravenöse, periinterventionelle Antibiotikaprophylaxe bei der PEG-Anlage als Standard etabliert.

Die Arbeitsgruppe um Blomberg und Lagergren vom Stockholmer Karolinska Institut prüfte nun in einer randomisierten Studie an 234 Patienten, ob eine Gabe von 20 ml Cotrimoxazol (800 mg Trimethoprim und 160 mg Sulfamethoxazol) in die frisch gelegte PEG gleich wirksam ist, wie die Verabreichung von 1,5 g Cefuroxim intravenös eine Stunde vor PEG-Anlage. Für den Nachweis der Nichtunterlegenheit wurde eine Grenze von 15 % des Konfidenzintervalls festgelegt und die Größe der Studienpopulation aufgrund einer Poweranalyse ermittelt, um bei angenommenen Infektionsraten von 15 % bzw. 20 % bei einem Signifikanzniveau von 5 % eine Power von 80 % zu erreichen. Die demografische Verteilung der beiden Gruppen war vergleichbar. In der Cotrimoxazol-Gruppe mit 116 Patienten fanden sich bei 10 (8,6 %) Patienten Wundinfektionen, in der Cefuroxim-Gruppe mit 118 Patienten wurden 14 (11,9 %) Wundinfektionen festgestellt. Dies entspricht einer Prozentpunktdifferenz von – 3,3 % (KI – 10,9 % – 4,5%), wobei die obere Grenze des KI unterhalb des festgelegten Nichtunterlegenheitsschwellenwertes liegt. Auch die Per-Protocol-Analyse, die jeweils 100 Patienten in jeder Gruppe einschloss, ergab bei Infektionsraten von 10 % in der Cotrimoxazol und 13 % in der Cefuroximgruppe die Nichtunterlegenheit.

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass eine enterale Antibiotikagabe von Cotrimoxazol in die frisch gelegte PEG-Sonde einer intravenösen Prophylaxe mit Cefuroxim eine Stunde vor Anlage hinsichtlich der Vermeidung von Wundinfektionen gleichwertig ist und sehen Vorteile in der einfacheren Logistik, der einfacheren und preisgünstigeren Applikationsform, des verminderten Risikos einer Infektion mit Clostridium difficile und der Vermeidung einer unnötigen Behandlung von Patienten, bei denen schlussendlich aus anatomischen Gründen keine PEG-Anlage möglich ist.

Fazit: Die vorliegende Studie zeichnet sich durch ein striktes Design aus, dass der Problematik der unbeeinflussten Erfassung von Wundinfektionen Rechnung trägt, jedoch die generellen methodischen Probleme einer Nichtunterlegenheitsstudie hinsichtlich der statistischen Bewertung der beobachteten Effekte und ihrer klinische Relevanz aufweist. Nichtsdestotrotz sind die Ergebnisse aus 2 Gründen von besonderem Interesse: Erstens ergibt die beobachtete Nichtunterlegenheit der Cotrimoxazolgruppe gegenüber der Cefuroximgruppe eine Reihe potentieller Vorteile in der klinischen Praxis (Kosten, Applikationsart, einfache Anwendung), die von den Autoren diskutiert werden. Zweitens wirft die Beobachtung wichtige Fragen hinsichtlich des Wirkmechanismus der Antibiotikaprophylaxe und der Ätiologie von Wundinfektionen bei der PEG-Anlage auf und stellt das Dogma des ausreichenden Wirkspiegels bei der Insertion für diesen speziellen Eingriff infrage. Vielmehr kann spekuliert werden, dass ein Großteil der Infektionen bei der PEG nicht im Rahmen der eigentlichen endoskopischen Anlage, sondern vielmehr in den ersten 24-48 Stunden der initialen Wundheilung entsteht, in welchen die in die Sonde applizierte Cotrimoxazoldosis noch eine gewisse Wirksamkeit hat. Leider fehlen Angaben in der Studie, wann die Sonden befahren wurden, um die mögliche Absorptionskinetik des Cotrimoxazol besser abschätzen zu können.

PD Dr. Sebastian Schulz-Stübner, Karlsruhe

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