Zusammenfassung
Primäre Knochentumoren und tumorähnliche Läsionen in der Wirbelsäule und im Sakrum
sind sehr seltene Entitäten und daher diagnostisch oft problematisch. In diesem Artikel
werden ihre Epidemiologie, Topografie, Klinik und radiologische Symptomatik sowie
Untersuchungstechnik besprochen. Auf einige Entitäten, die der Radiologe kennen sollte
(z. B. Osteoidosteom, Osteoblastom, Hämangiom, Riesenzelltumor, Chordom, aneurysmatische
Knochenzyste) wird näher und mit Bildbeispielen eingegangen.
Abstract
Bone tumors and tumorlike lesions of the spine are rare entities and may harbour diagnostic
problems. In this article we discuss the epidemiology, topographic aspects, clinical
and radiologic features as well as the diagnostic management of vertebral bone tumors.
Entities that should be more familiar to the radiologist (i. e. osteoid osteoma, osteoblastoma,
hemangioma, giant cell tumor, chordoma, aneurysmal bone cyst) are considered in more
detail.
Key words
Bone tumor - spine - radiology - MRT - CT - scintigraphy
Kernaussagen
-
Bei jüngeren Menschen mit einem umschriebenen Wirbelschmerz sollte man auch an die
Möglichkeit eines primären Knochentumors denken.
-
Wenn die Läsion aus einer Osteolyse mit einem kompakt verkalkten Zentrum besteht und
im Bereich der Anhangsgebilde lokalisiert ist, dann ist von einem Osteoidosteom auszugehen.
-
Wenn die Osteolyse einen Durchmesser von mehr als 1,5 cm und eine weniger kompakte
Matrixmineralisation hat und/oder stark perfundiert ist, kann man von einem Osteoblastom
ausgehen.
-
Stark expansive Osteolysen, besonders im Wirbelanhangsbereich, sind bei Nachweis eines
ausgeprägten Spiegel- oder Sedimentationsphänomens („fluid-fluid-level”) bei einem
jüngeren Menschen immer verdächtig auf eine aneurysmatische Knochenzyste.
-
Bei Menschen ab der 5. Lebensdekade, bei denen kein Primärtumor bekannt ist, können
hinter Osteolysen im Wirbelkörper auch Riesenzelltumoren, ein solitäres Plasmozytom,
auch ein Chordom stecken.
-
An ein Chordom sollte man dann denken, wenn ein Tumor mehr als 1 Segment befallen
hat und wenn er über eine extravertebrale Ausbreitung in das oder die benachbarte(n)
Segment(e) einwächst und die direkte Penetration über das Bandscheibenfach „meidet”.
-
Die meisten sog. Hämangiomwirbel sind wahrscheinlich „Kriegerdenkmäler”, d. h. Residuen
von in der Kindheit durchgemachten aktiven Hämangiomen. Symptomatische angiomatöse
Läsionen mit Nachweis von Gefäßstrukturen in der Kontrast-MRT oder CT in einem Wirbelkörper
und seinen Anhangsgebilden entsprechen i. d. R. Gefäßmalformationen.
-
Außer dem typischen Osteoidosteom sind alle tumorverdächtigen Läsionen in der Wirbelsäule
biopsiebedürftig, wobei der transkutane CT-gesteuerte Weg zu bevorzugen ist.
-
Die Histologie sollte von einem in der Knochentumorpathologie Erfahrenen gesehen werden.
-
Weil primäre Knochentumoren selten sind, insbesondere in der Wirbelsäule, wird ein
radiologisches Konsil schon in der präbioptischen Phase empfohlen.
Literatur
- 1 Freyschmidt J, Ostertag H, Jundt G. Knochentumoren, Klinik, Radiologie, Pathologie.
3. Aufl. Heidelberg: Springer; 2010
- 2 Freyschmidt J. Tumoren der Wirbelsäule und des Sakrums.. In: Frommhold W, Dihlmann
W, Stender H-S, Hrsg Radiologische Diagnostik in Klinik und Praxis. Stuttgart: Thieme;
1986: 249ff
- 3
McLeod R A, Dahlin D C, Beabout J W.
The spectrum of osteoblastoma.
Am J Roentgenol.
1976;
126
321
- 4
Kroon H M, Schurmans J.
Osteoblastoma: Clinical and radiologic findings in 98 new cases.
Radiology.
1990;
175
783
- 5
Jumming M.
Giant cell tumor of the cervical spine; a series of 22 cases and outcomes.
Spine.
2008;
33
280
- 6
Smolders D, Wang X, Trevelengas A. et al .
Value of MRI in the diagnosis of non-clival, non-sacral chordoma.
Skeletal Radiol.
2003;
32
343
- 7
Mirra J M, Brien E W.
Giant notochordal hamartoma of intraosseous origin: a newly reported entity to be
distinguished from chordoma. Report of two cases.
Skeletal Radiol.
2001;
30
698
- 8
Rossi G, Rimondi E, Bartalena T. et al .
Selective arterial embolisation of 36 aneurysmal bone cysts of the skeleton with N-2-butyl
cyanoacrylate.
Skeletal Radiol.
2010;
39
161-0
- 9
Wörtler K, Blasius S, Hillmann A. et al .
Morphologie der primären aneurysmatischen Knochenzyste: retrospektive Ananlyse von
38 Fällen.
Fortschr Röntgenstr.
2000;
172
591
Prof. Dr. Jürgen Freyschmidt
Klinikum Bremen-Mitte gGmbH
Beratungsstelle und Referenzzentrum für Osteoradiologie
Gebäude Friedrich-Karl-Straße 55
28177 Bremen
Phone: 0421-4974488
Fax: 0421-4974489
Email: freyschmidt@radiologie-freyschmidt.de