Radiologie up2date 2010; 10(4): 287-305
DOI: 10.1055/s-0030-1255912
Muskuloskelettale Erkrankungen

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Primäre Tumoren der Wirbelsäule und des Sakrums

Bone tumors of the spineJ.  Freyschmidt
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Publication Date:
16 December 2010 (online)

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Zusammenfassung

Primäre Knochentumoren und tumorähnliche Läsionen in der Wirbelsäule und im Sakrum sind sehr seltene Entitäten und daher diagnostisch oft problematisch. In diesem Artikel werden ihre Epidemiologie, Topografie, Klinik und radiologische Symptomatik sowie Untersuchungstechnik besprochen. Auf einige Entitäten, die der Radiologe kennen sollte (z. B. Osteoidosteom, Osteoblastom, Hämangiom, Riesenzelltumor, Chordom, aneurysmatische Knochenzyste) wird näher und mit Bildbeispielen eingegangen.

Abstract

Bone tumors and tumorlike lesions of the spine are rare entities and may harbour diagnostic problems. In this article we discuss the epidemiology, topographic aspects, clinical and radiologic features as well as the diagnostic management of vertebral bone tumors. Entities that should be more familiar to the radiologist (i. e. osteoid osteoma, osteoblastoma, hemangioma, giant cell tumor, chordoma, aneurysmal bone cyst) are considered in more detail.

Kernaussagen

  • Bei jüngeren Menschen mit einem umschriebenen Wirbelschmerz sollte man auch an die Möglichkeit eines primären Knochentumors denken.

  • Wenn die Läsion aus einer Osteolyse mit einem kompakt verkalkten Zentrum besteht und im Bereich der Anhangsgebilde lokalisiert ist, dann ist von einem Osteoidosteom auszugehen.

  • Wenn die Osteolyse einen Durchmesser von mehr als 1,5 cm und eine weniger kompakte Matrixmineralisation hat und/oder stark perfundiert ist, kann man von einem Osteoblastom ausgehen.

  • Stark expansive Osteolysen, besonders im Wirbelanhangsbereich, sind bei Nachweis eines ausgeprägten Spiegel- oder Sedimentationsphänomens („fluid-fluid-level”) bei einem jüngeren Menschen immer verdächtig auf eine aneurysmatische Knochenzyste.

  • Bei Menschen ab der 5. Lebensdekade, bei denen kein Primärtumor bekannt ist, können hinter Osteolysen im Wirbelkörper auch Riesenzelltumoren, ein solitäres Plasmozytom, auch ein Chordom stecken.

  • An ein Chordom sollte man dann denken, wenn ein Tumor mehr als 1 Segment befallen hat und wenn er über eine extravertebrale Ausbreitung in das oder die benachbarte(n) Segment(e) einwächst und die direkte Penetration über das Bandscheibenfach „meidet”.

  • Die meisten sog. Hämangiomwirbel sind wahrscheinlich „Kriegerdenkmäler”, d. h. Residuen von in der Kindheit durchgemachten aktiven Hämangiomen. Symptomatische angiomatöse Läsionen mit Nachweis von Gefäßstrukturen in der Kontrast-MRT oder CT in einem Wirbelkörper und seinen Anhangsgebilden entsprechen i. d. R. Gefäßmalformationen.

  • Außer dem typischen Osteoidosteom sind alle tumorverdächtigen Läsionen in der Wirbelsäule biopsiebedürftig, wobei der transkutane CT-gesteuerte Weg zu bevorzugen ist.

  • Die Histologie sollte von einem in der Knochentumorpathologie Erfahrenen gesehen werden.

  • Weil primäre Knochentumoren selten sind, insbesondere in der Wirbelsäule, wird ein radiologisches Konsil schon in der präbioptischen Phase empfohlen.

Literatur

Prof. Dr. Jürgen Freyschmidt

Klinikum Bremen-Mitte gGmbH
Beratungsstelle und Referenzzentrum für Osteoradiologie

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