Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2010; 45(3): 160-167
DOI: 10.1055/s-0030-1249396
Fachwissen
Anästhesiologie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Perioperative Hypothermie – Prophylaxe, Therapie und Physiologie

Prevention of perioperative hypothermiaErnst-Peter Horn, Alexander Torossian
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Publication Date:
15 March 2010 (online)

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Zusammenfassung

Die unbeabsichtigte perioperative Hypothermie senkt die Ergebnisqualität von Operationen insbesondere durch Koronarischämien und Wundinfektionen. Die Körperkerntemperatur ist 1–2 Stunden präoperativ und intraoperativ kontinuierlich zu messen. Zur Prophylaxe der Hypothermie müssen Personal und operative Patienten geschult werden, und präoperativ sind konvektive Wärmedecken einzusetzen (Prewarming). Bei Operationen über einer Stunde sollte zusätzlich intraoperativ gewärmt werden. Infusionswärmer sind bei Infusionsmengen >1l/h effizient. Postoperativ ist der Patient bei Hypothermie oder Kältegefühl aktiv zu wärmen.

Abstract

Inadvertent perioperative hypothermia impairs postoperative outcome in surgical patients due to ischemic myocardial events, wound infections and coagulation disorders. Body core temperature should be assessed 1–2h preoperatively and continuously during surgery. To prevent hypothermia patients and nursing clinical staff should be teached and trained. Preoperatively surgical patients should always be prewarmed by using convective warming devices and active warming should be continued in surgeries longer than 1 hour. Warming of IV fluids is effective if infusion rates are above 1l/h. Core temperature should be measured in the recovery room and active warming should be started when patients are hypothermic or if they feel cold.

Kernaussagen

  • Die Unterdrückung physiologischer Körperfunktionen führt unter Regional- oder Allgemeinanästhesie bei allen Patienten zur perioperativen Hypothermie.

  • Eine Hypothermie liegt vor, wenn die Körperkerntemperatur um 0,5 °C absinkt, bzw. sie kann pragmatisch bei unter 36,0 °C angenommen werden.

  • Perioperative Hypothermie kann zu unkalkulierbaren Wirkungsverlängerungen von Anästhetika, myokardialen Ischämien, Herzrhythmusstörungen, Herzinfarkten, Druckulzera und Wundinfektionen führen.

  • Operative Patienten sollten über die Entstehung und Gefahren der perioperativen Hypothermie aufgeklärt werden. Das Pflegpersonal muss in der Prophylaxe der Hypothermie geschult sein, und das Wissen sollte regelmäßig überprüft werden.

  • Bei intraoperativer Hypothermie kann Normothermie bis zum Ende der Operation nur mit erheblichen Maßnahmen von Wärmezufuhr bzw. häufig gar nicht erreicht werden.

  • Die Messung der Körperkerntemperatur soll 1–2 h präoperativ (z. B. sublingual) und intraoperativ kontinuierlich ösophageal, rektal oder vesikal erfolgen.

  • Vor einer Anästhesie sollte mit einer konvektiven Wärmedecke Wärmeenergie für 30–60 min zugeführt werden (Prewarming).

  • Prewarming erhält für eine 1-stündige Allgemeinanästhesie Normothermie.

  • Patienten ohne aktive Vorwärmung bzw. bei geplanter OP-Dauer > 1 h sollen von Beginn bis Ende der Anästhesie aktiv gewärmt werden.

  • Infusionswärmung ist ab Infusionsmengen von 1 l/h effizient und ökonomisch.

  • Die perioperative Freilegung von Körperteilen des Patienten muss auf das OP-Gebiet und die OP-Dauer beschränkt werden.

  • Der postoperative Wärmestatus sollte durch Messung der Körperkerntemperatur und Erfragung des Temperaturempfindens erfasst werden. Bei Hypothermie oder Kältegefühl muss eine aktive Patientenwärmung erfolgen.

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Literatur

PD Dr. Ernst-Peter Horn
Prof. Dr. Alexander Torossian

Email: Ernst-Peter.Horn@regiokliniken.de

Email: torossia@med.uni-marburg.de