Endoskopie heute 2010; 23(2): 170
DOI: 10.1055/s-0030-1247441
Schlusswort

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W. Rösch
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Publication Date:
20 July 2010 (online)

Den unter der Rubrik „Begutachtung und Schlichtung“ vor­gestellten Fällen liegt fast immer ein Kommissionsentscheid ­zugrunde. Dieser Kommission gehören 4 bis 6 Internisten / Gastro­enterologen und mehrere ranghohe Juristen, Oberlandesgerichtspräsidenten oder Bundesrichter a. D. an, wobei der Gutachter selbst kein Stimmrecht hat.

Wie in der Publikation ausgeführt, lagen zwischen der Erstuntersuchung und der weiterführenden Diagnostik im gastroentero­logischen Zentrum 6 Monate, sodass ein direkter Vergleich der durchgeführten diagnostischen Maßnahmen wenige Erkennt­nisse bringt. Ultraschall und MRCP waren bei der Erstuntersuchung unauffällig, sowohl was Gallenblasenkonkremente wie auch die Weite des Choledochus anlangt.

Im gastroenterologischen Zentrum konnten eindeutig Gallensteine sowie eine chronische Cholezystitis als Ursache der Beschwerden verifiziert werden, der Gallengang war mit 9,5 mm eindeutig dilatiert. Allerdings ging der Durchmesser nach wenigen Tagen auf 8 mm zurück und ist jetzt nach Durchführung einer Cholezystektomie mit 4 mm im Normbereich.

Die Frage, ob bei unauffälligen Laborwerten (GOT, Gamma-GT, AP und Bilirubin) die Indikation für eine weitergehende Diag­nostik gegeben ist, hat zu der Überschrift „fragliche Indikation“ geführt, da die Indikation für eine Cholezystektomie bei symptomatischer Cholelithiasis gegeben war.

Nach derzeitiger Rechtsprechung hätte vor einer diagnostischen ERCP eine weniger invasive, erneute MRCP durchgeführt werden müssen, da eine Indikation für eine therapeutische ERCP nicht gegeben war.

Die höchste diagnostische Aussagekraft hat sicher die Endosonografie, doch ist diese, wie der Fall im letzten Heft zeigt (Endo heute 2010; 23: 72–74), nicht unproblematisch. Eine Papillitis stenosans lag, wie der weitere Verlauf zeigt, sicher nicht vor, wohl aber eine Begleitreaktion der ­Papille im Rahmen der chronischen Cholezystitis.

Man hat ja eine Zeit lang behauptet, dass ein dilatierter Gallengang nach Cholezystektomie bei unauffälligen Cholestaseparametern anzeige, dass der D. choledochus die Reservoirfunktion der Gallenblase übernehme, doch ist eher davon auszugehen, dass die Dilatation schon präoperativ bestand, enthält doch der Gallengang keine Muskel-, sondern nur elastische Fasern, sodass eine Reduktion des Gallengangdurchmessers nach längerfristiger Dilatation nicht möglich sein dürfte.

Der Endoskopiker muss „zähneknirschend“ zur Kenntnis nehmen, dass die Indikationen für eine diagnostische ERCP immer weniger geworden sind, hat sich die Rechtsprechung doch aufgrund iatrogener Pankreatitiden bei dem vergeblichen ERCP-Versuch, den Gallengang zu sondieren, darauf verständigt, dass ­zunächst eine MRCP als weniger invasives Verfahren vorzunehmen ist.

Was die Gabe von Propofol bei ASA III- bzw. ASA IV-Patienten anlangt, sollte man sich immer vor Augen halten, dass ein cleverer Rechtsanwalt bei einem „Narkose-Zwischenfall“ immer darauf bestehen wird, dass als Gutachter ein Anästhesist tätig wird.

Prof. Dr. W. Rösch

ehem. Chefarzt der Medizinischen Klinik

Steinbacher Hohl 32

60488 Frankfurt

Email: wolfgang.roesch@online.de

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