Hintergrund: Die Arteriitis temporalis (Morbus Horton) ist eine Erkrankung, die innerhalb kürzester
Zeit zur beidseitigen Erblindung führen kann. Insbesondere bei Patienten jenseits
des 70. Lebensjahrs, die über akuten ausgeprägtem Sehverlust klagen, sollte diese
Differenzialdiagnose in Erwägung gezogen werden. Methoden/Ergebnisse: Eine 82-jährige Patientin stellte sich mit seit einer Woche bestehender akuter Sehverschlechterung
am rechten Auge vor. Es erfolgte die stationäre Aufnahme zur weiterführenden Diagnostik
und konservativer Therapie mit Hochdosis-Cortisontherapie (initial 1g). Trotz Maximaltherapie
konnte die Erblindung des rechten Auges und das Übergreifen auf das linke Auge (Entlassungsvisus:
Fingerzeigen) nicht verhindert werden. Die Biopsie der Arteria temporalis ergab eine
floride Riesenzellarteriitis. Diskussion: Beim Morbus Horton sind die Arterien des äußeren Kopfes betroffen. Beim Befall der
A. centralis retinae kann es innerhalb kürzester Zeit, trotz maximaler Cortisontherapie,
zur Erblindung beider Augen kommen. Um das Risiko eines Rezidivs oder eines Übergreifens
auf andere Arterien zu vermindern, ist eine lebenslange, entzündungsparameter-adaptierte
Cortisontherapie notwendig. Fazit: Bei Patienten mit akutem, progredienten Visusverlust und geringstem Verdacht auf
einen arteriitischen Gefäßverschluss sollte unverzüglich eine Hochdosis-Cortisontherapie,
mit anschließender Erhaltungsdosis erfolgen, um das Übergreifen auf andere Arterien
zu minimieren. Trotz Maximaltherapie kann eine Erblindung nicht immer verhindert werden.