Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P755
DOI: 10.1055/s-0029-1238848

Differentieller Einfluss der Subthalamikusstimulation auf retikulospinale und retikulokortikale Projektionssysteme bei Parkinsonpatienten

M Pötter-Nerger 1, T Ilic 1, HR Siebner 1, G Deuschl 1, J Volkmann 1
  • 1Kiel; Belgrad, RS; Kopenhagen, DK

Hintergrund: In vorangegangenen Studien an Parkinsonpatienten konnten wir zeigen, dass eine hochfrequente Stimulation im N. subthalamicus (STN-HFS) die pathologisch verminderte Erregbarkeit sowohl retikulospinaler als auch kortikospinaler Projektionen moduliert. Aufgrund der anatomisch bekannten Verknüpfungen über retikulokortikale Rückprojektionen blieb jedoch ungeklärt, inwieweit diese Aktivitätsänderungen in den subkortikalen und kortikalen Projektionen parallel oder voneinander abhängig erfolgen.

Ziel: Mögliche Aktivitätsänderungen von retikulo-kortikalen Rückprojektionen unter STN-HFS bei Parkinsonpatienten zu messen.

Methoden: 8 gesunde Kontrollen (MW/SE 50,4 Jahre±3,2) und 10 PD Patienten (61,3 Jahre±3,0) wurden im medikamentösen OFF mit an- und ausgeschalteter STN-HFS untersucht. Mittels transkranieller Magnetstimulation (TMS) über dem primär motorischen Kortex (M1) wurde ein motorisch evoziertes Potential (MEP) mit einer Größe von 0,5–1mV im vorkontrahierten M. soleus hervorgerufen. Die MEP wurden durch vorangehende auditorische Stimuli (100dB, 100ms, 500Hz) mit einem Interstimulus-Intervall (ISI) von 0–150ms und Intertrial-Intervall (ITI) von 20–30sek in einer pseudorandomisierten Reihenfolge konditioniert.

Ergebnisse: In gesunden Kontrollen induzieren vorangehende auditorische Stimuli eine Hemmung des MEP im M. soleus, die maximal bei 75–100ms (72,23%±5,72) ist, vermutlich durch Aktivierung inhibitorischer retikulo-kortikaler Rückprojektionen. Bei PD Patienten ist diese audiogene MEP Hemmung sowohl im STIM OFF (86,69%±7,1) und STIM ON (83,56%±7,5) allenfalls geringgradig, aber nicht signifikant erniedrigt. Zwischen den beiden Stimulationszuständen ergab sich kein signifikanter Unterschied. Eine 2-faktorielle ANOVA mit dem Intrasubject-Faktor STIM und ISI und dem Intersubject-Faktor Gruppe (PD versus Kontrollen) zeigte einen signifikanten Effekt für den Faktor ISI (Huynh-Feldt p=0,037, F=2,73), aber nicht für STIM, STIM x Gruppe oder STIM x ISI x Gruppe.

Schlussfolgerung: Retikulo-kortikale Rückprojektionen sind bei der audiogenen MEP-Hemmung bei Kontrollen und PD Patienten vergleichbar aktiv und werden bei PD Patienten nicht durch STN-HFS moduliert. Wir gehen daher in Hinblick auf die vorangegangenen Studien davon aus, dass die durch STN-HFS hervorgerufenen Erregbarkeitsänderungen der retikulo- und kortikospinalen Projektionen eine parallele Modulation funktionell getrennter motorischer Systeme widerspiegeln.