Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P732
DOI: 10.1055/s-0029-1238825

Metamorphose einer Migräne-Aura

DN Holle 1, T Zwarg 1, HC Diener 1, C Gaul 1
  • 1Essen

Auraphänomene der Migräne betreffen vorwiegend das visuelle System, können aber auch motorische oder sensible Symptome beinhalten. Im Durchschnitt dauert eine Aura zwischen 15 und 60 Minuten. Daneben existieren aber auch faszinierende Auravarianten, die sich von den klassischen Auraausprägungen bezüglich Qualität und Dauer deutlich unterscheiden.

Eine 19-jährige Patientin mit langjähriger Anamnese einer Migräne mit visueller Aura berichtete, dass sie zwei Monate zuvor im Rahmen einer Migräneaura einen rotierenden farbigen Kreis monokular im rechten peripheren Gesichtsfeld wahrgenommen habe. Nach wenigen Stunden verschwand dieser wieder vollständig. Einen Tag später bemerkte die Patientin erneut den farbigen Kreis im rechten Gesichtfeld des rechten Auges, der seit dieser Zeit persistiert. Zusätzlich berichtet die Patientin seit diesem Ereignis über rezidivierende zehnminütige Episoden, in denen sich ein Fremdheitsgefühl des rechten Armes einstelle. Dabei stehe sie z.B. im Supermarkt und stelle erstaunt fest, dass ihre Hand Lebensmittel in den Einkaufswagen lege. Dabei frage sie sich, ob es sich um ihre eigene Hand handele. Die neurologische Untersuchung zeigte kein fokal-neurologisches Defizit. Apparative Diagnostik inklusive cMRT, EEG sowie augenärztliche Untersuchung ergaben keinen pathologischen Befund. Wir begannen eine probatorische Therapie mit Flunarizin, die jedoch aufgrund starker Müdigkeit nach wenigen Tagen abgebrochen wurde. Ein weiterer Therapieversuch mit Lamotrigin wurde begonnen, bisher allerdings ohne Verbesserung der klinischen Symptomatik. Phänomenologisch ist von einer Asomatognosie im Sinne eines Alien-Hand-Syndrom auszugehen. In der Regel kommt es bei diesem Syndrom zu anhaltenden Fremdkörpergefühlen sowie motorischen Automatismen einer Extremität, wobei zumeist vaskulären zerebralen Schädigung zugrunde liegt. Im Rahmen von TIAs sowie iktal ist aber auch ein paroxysmales Auftreten beschrieben, eine kurzzeitige Symptomatik während einer Migräneaura wird dagegen nur einmal in der Literatur berichtet. Persistierende Aura-Phänomene ohne korrespondierende migränöse Infarkt sind ebenfalls nur in wenigen Fallberichten vorbeschrieben. Ihre Entstehungsursache ist derzeit vollständig ungeklärt. Zusammenfassend ist bei ungewöhnlichen Aurasymptomen im Rahmen einer Migräne ist eine weiterreichende Diagnostik zum Ausschluss einer sekundären Ursache der Symptomatik indiziert. Die Therapie kann derzeit lediglich probatorischer Natur sein.