Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P644
DOI: 10.1055/s-0029-1238737

Spontane Rückbildung eines intrazerebralen Lymphoms (ghost tumour) bei einem lebertransplantierten Patienten

S Schmalbach 1, P Raab 1, K Weissenborn 1
  • 1Hannover

Hintergrund: Die Inzidenz primärer ZNS-Lymphome ist in den vergangenen Jahren gestiegen und liegt derzeit bei etwa 0,51: 100.000. Sie machen 4–6% aller primären Hirntumoren aus. Bei angeborener oder erworbener Immunschwäche (AIDS, Organtransplantation) ist das Erkrankungsrisiko deutlich erhöht.

Methoden und Ergebnisse: Wir berichten über einen lebertransplantierten 53-jährigen Patienten, welcher vorübergehend Gleichgewichtsstörungen, Schwindel und Kopfschmerzen bemerkte. Eine ambulante Kernspintomografie des Schädels (cMRT) zeigte eine Raumforderung im Corpus callosum sowie links betont im angrenzenden Marklager mit deutlicher Kontrastmittelanreicherung. Bei Aufnahme in unsere Klinik war die Symptomatik rückläufig und auch die cMRT ergab eine deutliche Befundreduktion ohne zwischenzeitlich erfolgte Therapie. In wiederholten Liquoruntersuchungen zeigte sich zwar eine lymphozytäre Pleozytose mit leicht erhöhter Zellzahl, der Nachweis monoklonaler B-Zellen gelang aber nicht. Eine kernspintomographische Verlaufskontrolle nach einem Monat bei beschwerdefreiem Patienten ergab erneut eine Reduktion und Verlagerung der Raumforderung. Nach zwei weiteren Monaten bemerkte der Patient eine Hemiparese links. Die cerebrale Kernspintomografie zeigte nun eine deutliche Zunahme der vorbeschriebenen Läsion sowie neu aufgetretene Raumforderungen an anderen Lokalisationen. Eine stereotaktische Biopsie ergab ein Non-Hodgkin-Lymphom der B-Zell-Reihe vom hohen Malignitätsgrad.

Schlussfolgerung: Eine spontane Rückbildung von cerebralen Lymphomen ohne Kortisontherapie ist möglich, auch bei immunsupprimierten Patienten. Daher darf diese Diagnose bei spontaner Rückbildung der Läsionen in der cMRT und/oder der klinischen Symptomatik nicht verworfen werden. Auch sollte dies nicht als Hinweis auf einen gutartigen Verlauf der Erkrankung missverstanden werden.