Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P628
DOI: 10.1055/s-0029-1238721

Affektive Theory of Mind – Leistungen und Interpretation sozialer Emotionen: Vergleich von Parkinson Patienten und Patienten mit Restless-Legs-Syndrom

M Bodden 1, M Krost 1, K Stiasny-Kolster 1, K Eggert 1, R Dodel 1, E Kalbe 1
  • 1Marburg, Köln

Fragestellung: Parkinson Patienten (PD) zeigen reduzierte affektive Theory of Mind (ToM)-Fähigkeiten, d.h. Schwierigkeiten, affektive mentale Zustände des Gegenübers zu erfassen, wobei eine Assoziation dieser Defizite mit dem dopaminergen System diskutiert wird. Auch hinsichtlich der Pathophysiologie des Restless-Legs Syndroms (RLS) wird eine dopaminerge Dysfunktion angenommen. Diese Studie vergleicht PD und RLS Patienten hinsichtlich der Fähigkeit affektive mentale Zustände zu erfassen sowie der Interpretation sozialer Emotionen, d.h. komplexer Emotionen, die nur im sozialen Kontext erleb- bzw. interpretierbar sind.

Methoden: Eingeschlossen wurden 15 PD (4 Frauen, mittleres Alter: 64,0, SD: 10,2, Hoehn & Yahr-Stadium I-III), 15 RLS Patienten (15 Frauen, mittleres Alter:62,2, SD: 9,8, IRLS: 13,3) und 16 Kontrollpersonen (KG; 4 Frauen, mittleres Alter: 59,4, SD: 10,6). Neben einer neuropsychologischen Untersuchung wurden zur Erfassung der ToM-Fähigkeiten der „Reading-the-Mind-in-the-Eyes-Test“ sowie das computergestützte „Yoni-Paradigma“ durchgeführt. Letzteres überprüft neben affektiven ToM-Fähigkeiten ebenso die Fähigkeit soziale Emotionen zu erfassen.

Ergebnisse: Die Gruppen unterschieden sich in der logischen Denkfähigkeit (PD:25 vs. RLS:20 vs. KG:25; p=0,006). Beide Patientengruppen berichteten mehr depressive Symptome als die KG (p<0,001). Die Fähigkeit, affektive mentale Zustände zu erfassen, zeigte sich sowohl bei PD (18,6; p=0,003) als auch bei RLS (18,0; p<0,001) im Vergleich zur KG (24,0) vermindert. Auch hinsichtlich der Interpretation sozialer Emotionen unterschieden sich die Gruppen (p=0,003) wobei die RLS Gruppe hierbei eine mittlere Position (80%) zwischen PD (64%) und KG (89%) einnimmt. Die Fähigkeit soziale Emotionen zu erkennen und affektiven ToM-Leistungen (Yoni-Paradigma) sind assoziiert (PD: r=675; p<0,01 vs. RLS: r=561; p=0,03 vs. KG: r=0,676; p<0,01). ToM-Fähigkeiten oder Erkennen sozialer Emotionen korrelieren nicht mit der Ausprägung depressiver Symptomatik.

Schlussfolgerungen: Ebenso wie PD zeigen auch RLS Patienten Schwierigkeiten affektive mentale Zustände zu erfassen. Bei der Interpretation sozialer Emotionen schneiden RLS Patienten schlechter ab als gesunde Probanden, jedoch besser als PD. Die Fähigkeit soziale Emotionen zu erfassen korreliert mit affektiver ToM-Fähigkeit. Diese Veränderungen affektiver Verarbeitung sind möglicherweise assoziiert mit Dysfunktionen des orbitofrontalen-striatalen Schaltkreises.