Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P565
DOI: 10.1055/s-0029-1238659

Teleneurologie – Wertigkeit in der Akutbehandlung bei Nicht-Schlaganfällen

R Handschu 1, M Scibor 1, M Nueckel 1, C Schultze 1, F Knosalla 1, M Pott 1, P Oschmann 1, F Erbguth 1, S Schwab 1
  • 1für das Schlaganfallnetzwerk STENO

Hintergrund: Telemedizinische Konsildienste erfahren einen zunehmenden Einsatz in der akuten Schlaganfallversorgung. Zum Nutzen innerhalb von Netzwerken sind bereits verschiedene Arbeiten publiziert. Die Wertigkeit in der Behandlung anderer akuter neurologischer Krankheitsbilder ist nur wenig untersucht. Wir werteten hierzu Telekonsile aus einem Schlaganfallnetzwerk prospektiv aus.

Methoden: Im Schlaganfallnetzwerk mit Telemedizin in Nordbayern (STENO) sind 11 Regionalkliniken in Franken mit 3 Schlaganfallzentren der Maximalversorgung verbunden. Fachärzte der Zentren sind rund um die Uhr abrufbar um Patienten per Video-/Audioverbindung zu begutachten und die CT-Bilder zu bewerten. Bei einem Teil der Patienten handelt es sich nicht um akute Schlaganfälle. Wir werteten prospektiv 1500 Telekonsile aus und untersuchten bei denjenigen mit einer andern Diagnose als Schlaganfall die folgenden Faktoren: Diagnosestellung, Zusätzliche Untersuchungsschritte (außer Schlaganfallskala) Übereinstimmung Konsildiagnose-Entlassdiagnose, Konkrete Therapieempfehlung, Anzahl Verlegungen. Falls zusätzlich eine fachneurologische Untersuchung am Bett durchgeführt wurde, wurde auch diese.

Ergebnisse: Insgesamt ergab sich bei 352 von 1500 Telekonsilen (23,5%) eine andere Diagnose als Schlaganfall bzw. eine entsprechende Differenzialdiagnose, 128 dieser Patienten (36,4%) waren bereits unter einer anderen Verdachtsdiagnose angemeldet worden. Nur bei 228 (64,8%) konnte eine klare Verdachtsdiagnose angegeben werden, in 212 (60,2%) eine Therapieempfehlung entwickelt werden. In 172 Fällen (48,9%) war die Entlassdiagnose zur Konsildiagnose identisch. In 105 Fällen mit zusätzlich bettseitiger neurologische Untersuchung waren nur 63% der Diagnosen identisch. In 81,3% wurden zusätzliche Untersuchungsschritte durchgeführt: wie z.B. Muskeleigenreflexe, Gangproben, Koordinationsuntersuchungen. 83 Patienten wurden in eine neurologische Klinik verlegt (23,6%).

Diskussion: Auch bei Nicht-Schlaganfällen ist eine telemedizinische Unterstützung im Akutfall möglich. Allerdings ist die diagnostische Unsicherheit hier teilweise größer als bei Schlaganfällen. Auch muss auf Teile der klinisch-neurologischen Untersuchung zurückgegriffen werden, die nur unzureichend validiert sind. Weitere prospektive Untersuchungen müssen die Wertigkeit verschiedener Untersuchungskomponenten untersuchen. Gegenwärtig kann die telemedizinische Beratung die bettseitige neurologische Untersuchung nicht ersetzen.