Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P540
DOI: 10.1055/s-0029-1238634

Anwendung des visuellen Restitutionstrainings bei einem unselektierten Krankengut

A Nachtmann 1, B Boettcher 1, K Belten 1
  • 1Rotenburg/Fulda

Fragestellung: In Studien mit ausgewählten Patienten zeigt das Visuellen Restitutionstrainings (VRT) Verbesserungen des Gesichtsfeldes. Prädiktiv relevant sind hierbei das Alter des Patienten und die Größe des Gesichtsfelddefektes vor Training sowie die Dauer und Intensität des Trainings (Poggel et al.), nicht jedoch Alter, Ort oder Art der Läsion. Unsere Frage war, inwieweit sich dieser Studienansatz im klinischen Alltag bei unselektierten Patienten nachvollziehen lässt und welche Patienten von dem VRT profitieren.

Methoden: 49 konsekutive Patienten mit einem Gesichtsfelddefekt aufgrund einer rezenten (<4 Wochen) hämorrhagischen oder ischämischen Hirnläsion unterschiedlicher Größe und Lokalisation wurden mit VRT über im Mittel 31,9 Tage (Standardabweichung 26,8; Range 7 bis 158 Tage) behandelt und die Veränderungen des Gesichtsfeldes gemessen. Während der Trainingszeit erhielten sie täglich an 5 Tagen in der Woche mindestens eine Therapieeinheit.

Ergebnisse: Von den 49 Patienten zeigten 9 Patienten (18,4%) keine Verbesserungen (Gesichtsfeldänderung <3%), 23 Patienten (46,9%) schwache bis mäßige Verbesserungen (GF-Änderung 3 bis 15%) und 17 Patienten (34,7%) deutliche Verbesserungen (GF-Änderung >15%).

Es ergaben sich zwischen den Gruppen keine Unterschiede in der Alters- oder Geschlechtsstruktur, in der Art der Schädigung (Ischämie oder Blutung) oder der Lokalisation. Die Therapiedauer war in der Gruppe der Therapieversager und der Gruppe mit deutlichen Verbesserungen identisch, signifikant niedriger in der Gruppe mit mäßigen Verbesserungen. Kleinere primäre Gesichtsfelddefekte korrelierten mit deutlicheren Verbesserungen unter Therapie.

Schlussfolgerung: Das VRT bietet in der frühen Rehaphase eine gute Therapiemöglichkeit. Über 80% der Patienten zeigen Verbesserungen. Die Verbesserungen sind umso größer, je kleiner der Gesichtsfelddefekt zu Beginn ist. Das Alter des Patienten zeigt keinen Einfluss auf die Erholung. Patienten, die auf die Therapie nach einer bis zwei Wochen nicht mit einer Verbesserung reagieren, tun dies auch nicht unter fortgesetzter Therapie, während bei den anderen Patienten die Therapiedauer mit dem Therapieerfolg korreliert. Das heißt, dass z.B. nach Therapie unter stationären Bedingungen eine ambulante Fortsetzung der Therapie sinnvoll begründet und eine Verbesserung vorhergesagt werden könnte.