Charakterisierung von Gang und Stand bei Patienten mit vestibulären Erkrankungen

Einleitung: Patienten mit vestibulären Erkrankungen leiden häufig an Schwindel, welcher bei einfachen oder erschwerten Gang- und Standbedingungen verstärkt ist. Dabei zeigt sich je nach Erkrankung zudem eine erhöhte Fallneigung mit dem Risiko von Stürzen. Bislang ist eine Veränderung der posturalen Leistung zwar untersucht, allerdings ist wenig über Veränderungen des Gangs und dessen Modulation bekannt. Ziel dieser Studie war eine systematische Analyse des Gangbilds von Patienten mit vestibulären Erkrankungen unter vestibulären, kognitiven und motorischen Dual-Tasks.

Methodik: Mittels einem Ganganalyse-Teppich (GaitRite) sowie der Posturografie wurden bei insgesamt 75 Patienten mit a) beidseitigem vestibulären Defizit (BVP) (n=18), b) einseitigem vestibulären Defizit (UVP) (n=19), c) psychogenem Schwindel (PPV) (n=18) d) vestibulärer Migräne (VM) (n=12) e) einer Vestibularisparxysmie (VP) (n=8) Gang und Stand analysiert. Die Standardparameter der normalisierten Geschwindigkeit, Schrittlänge, Base of Support, Schrittfrequenz, Double-Support, Schwungzeit sowie deren Differenzialparameter wurden unter verschiedenen Bedingungen (vestibulärer, motorischer und kognitiver Dual-Tasks) aufgezeichnet und mittels Gruppenanalyse verglichen.

Ergebnisse: Die Gangparameter beim Gehen mit selbstgewählter Geschwindigkeit war in allen Patientengruppen normwertig. Patienten mit BVP zeigten eine Verminderung der normalisierten Geschwindigkeit und Schrittlänge bei erhöhtem Double-Support und Differenzialparametern unter vestibulären Dual-Tasks. Kognitive und motorische Dual-Tasks waren unverändert. Patienten mit chronischem UVP sowie Patienten mit anfallsartigen Schwindelformen (VM, VP) zeigten keine signifikanten Veränderungen der Gangparameter in allen Dual-Tasks. Bei Patienten mit PPV ließ sich eine diskrete Erhöhung der normalisierten Geschwindigkeit bei verminderten Differenzialparametern und vermindertem Double-Support feststellen.

Diskussion: Es ließ sich ein charakteristisches Profil der Gangparameter unter verschieden Gangbedingungen bei Patienten mit unterschiedlichen vestibulären Erkrankungen zeigen. Während Patienten mit BVP unter vestibulären Dual-Tasks eine Verschlechterung zeigen, werden Patienten mit psychogenem Schwindel dabei eher besser. Zusammmenfassung: Die Ganganalyse mit unterschiedlichen vestibulären, kognitiven und motorischen Task ist zur Aufdeckung von Gangstörungen bei Patienten geeignet, die während normalen Gehens keine Auffälligkeiten zeigen.