Aktuelle Neurologie 2009; 36 - V417
DOI: 10.1055/s-0029-1238511

Adulte Polyglukosankörperchenerkrankung – zweiphasiger Verlauf mit genetischer Aufklärung

C Roth 1, A Pagenstecher 1, F Rosenow 1, A Rolfs 1, A Ferbert 1
  • 1Kassel, Marburg, Rostock

Die adulte Polyglukosankörpererkrankung (adult polyglucosan body disease, APBD) ist eine seltene Erkrankung, die neuropathologisch durch charakteristische Polyglucosankörper definiert ist. Es ist noch nicht ganz klar, ob die Krankheit eine klinische Variante der Glukogenose Typ 4 ist oder ob dies nur für eine Subgruppe der Patienten zutrifft. Wir berichten über eine Familie, bei der klinisch eine Leukenzephalopathie dominierte.

Fallbericht: Ein 58-jähriger Patient wurde zur Abklärung einer dementiellen Entwicklung und einer Gangstörung eingewiesen. Als Kind ist er bereits wegen einer Muskelschwäche untersucht wurden. Der weitere Verlauf der Erkrankung war zunächst gutartig (Berufsausbildung, Familiengründung). Ab dem 50. Lebensjahr kam es zu einer zunächst langsamen dann rasch zunehmenden Verschlechterung des Gangbildes und der kognitiven Situation. In der Kernspintomografie zeigte sich eine schwere Leukenzephalopathie sowie eine Atrophie des Hirnstammes. Elektroneurographisch ließ sich eine schwere axonale Polyneuropathie nachweisen. In der Nervenbiopsie fanden sich mehrere typische Polyglukosankörperchen. Bei einer früheren Muskelbiopsie sind diese nicht gefunden worden.

Die Aktivität des glucogen branching enzym war auf 5% der Norm reduziert.

Im GBE1-Gen fand sich eine bislang in der Literatur noch nicht beschriebene homozygote Punktmutation. Derzeit klären wir anhand einer Segregationsanalyse, ob diese Mutation mit dem Phäntotyp der Erkrankung innerhalb der Familie einhergeht. Eine Schwester des Patienten, bei der eine Leukencephalopathie im MRT bestand, ist vor Jahren verstorben. Es leben noch gesunde Geschwister.

Schlussfolgerungen: Es wurde bereits eine Reihe von Fällen mit APBD in der Literatur beschrieben. Das Gen für die Glukogenose Typ 4 ist bereits seit über 10 Jahren bekannt. Um so überraschender ist es, dass es in der Literatur bislang bei weniger als 10 Fällen gelang, bei APBD eine Mutation im GBE1 Gen zu finden. Unser Fall unterstreicht die Zugehörigkeit der APBD zur Glukogenose Typ 4. Wenngleich bei unseren Patienten auch eine neuromuskuläre Erkrankung bestand, so dominiert klinisch doch die Leukenzephalopathie. Bei Erwachsenen mit einer unklaren Leukenzephalopathie ist die APGD in die Differenzialdiagnose einzubeziehen.