Aktuelle Neurologie 2009; 36 - V111
DOI: 10.1055/s-0029-1238369

Läsionsmapping bei Patienten mit Thalamusschmerzen

T Sprenger 1, M Chakravarty 1, C Seifert 1, M Valet 1, A Foerschler 1, C Zimmer 1, DL Collins 1, TR Tölle 1
  • 1San Francisco, USA; Montreal, CAN; München

Zentrale Schmerzen nach Thalamusinfarkt stellen eines der refraktärsten Schmerzsyndrome mit erheblicher Beeinträchtigung der Lebensqualität dar. Die Pathogenese ist bislang jedoch noch wenig untersucht und verstanden. Von manchen Autoren wird eine Schlüsselrolle des Nucleus ventralis posterior (VP) betont, während Andere Läsionen des posterioren Anteils des Nucleus ventralis medialis (VMpo) für entscheidend halten. Zudem sind keine Prädiktoren für die Entwicklung von Thalamusschmerzen etabliert.

Wir untersuchten 10 Patienten mit zentralem Schmerz nach Thalamusinfarkt/Blutung, sowie 10 Kontrollprobanden post Thalamusinsult ohne zentralen Schmerz mit hochauflösender MRT. Die Läsionen wurden mit MRIcro manuell als „Regions of Interest“ (ROIs) definiert. Die MRT Daten und entsprechenden ROIs wurden stereotaktisch normalisiert und mit einem digitalen 3D-Atlas des Thalamus koregistiert, um die betroffenen thalamischen Kerne zu identifizieren. Die ROIs der Schmerzpatienten wurden dann summiert, um den gemeinsamen Läsionsort zu bestimmen. Das gleiche Vorgehen wurde bei den Kontrollpatienten durchgeführt. Ferner berechneten wir „odds ratio“ (OR) maps auf Voxelbasis, um thalamische Areale zu identifizieren, deren Läsion mit einem hohen Risiko der Entwicklung eines thalamischen Schmerzes einhergeht. Die Analyse zeigte, dass sich das Läsionsmuster der Schmerzpatienten deutlich von dem der Kontrollpatienten unterscheidet. Während bei den Schmerzpatienten überwiegend laterale Thalamuskerne betroffen sind, handelt es sich bei den Kontrollpatienten eher um mediale Läsionsmuster. Die Läsionen von 9 der 10 Schmerzpatienten überlappten in einem Areal (3mm3) an der Grenze des VP zum Pulvinar. Die Läsion des 10. Schmerzpatienten befand sich in direkter Nachbarschaft. Die „odds ratio“ Analyse ergab eine OR von 81 zu Gunsten der Entwicklung eines zentralen Schmerzes bei Läsionen dieses Bereichs des Thalamus.

Die VP/Pulvinar-Übergangszone scheint von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung von Thalamusschmerzen zu sein. Hiermit gelang nicht nur die stereotaktische Zuordnung der Läsionsorte zu Kerngebieten des Thalamus, sondern die hohen OR Werte sprechen auch dafür, dass in Zukunft Patienten mit hohem Risiko der Entwicklung eines Thalamusschmerzes noch vor der klinischen Manifestation des Schmerzsyndroms, welches häufig erst Wochen bis Monate nach dem Insult auftritt, identifiziert werden können. Dies stellt die Basis für Schmerzpräventionsstudien nach Thalamusläsion dar.