Aktuelle Neurologie 2009; 36 - M96
DOI: 10.1055/s-0029-1238359

Sensomotorische Plastizität beim neuropathischen Schmerz

C Maihöfner 1
  • 1Erlangen

In diesem Vortrag soll am Beispiel des Komplex- Regionalen Schmerzsyndroms (CRPS) die sensomotorische Plastizität beim neuropathischen Schmerz dargestellt werden. Die Symptomatik bei CRPS umfasst eine charakteristische klinische Trias, bestehend aus autonomen, motorischen und sensorischen Störungen. In mehreren Studien unserer Arbeitsgruppe wurde die Ausdehnung der Handrepräsentation im primären somatosensorischen Kortex auf der gesunden und CRPS- betroffenen Seite mittels MEG untersucht. Es zeigte sich im Akutstadium eine drastische Verkleinerung der kortikalen Handrepräsentation im zum CRPS kontralateralen S1-Cortex. Das Ausmaß der Reorganisation korrelierte positiv mit der Ausdehnung der mechanischen Hyperalgesie und der Schmerzintensität. In Folgestudien gelang es darzustellen, dass die kortikale Reorganisation prinzipiell reversibel und unter Therapie rückgängig sein kann. Das Vorhandensein von plastischen ZNS- Veränderungen könnte damit die komplexen sensorischen Symptome (z.B. handschuhförmige Sensibilitätsstörungen, Gefühl einer „fremden“ Hand) bei CRPS erklären.

In weiteren Studien untersuchten wir die Veränderung von zentralen motorischen Programmen bei CRPS. Wir versuchten zunächst durch die kinematische Analyse von zielgerichteten Bewegungen die motorischen Defizite näher zu definieren. Unsere kinematischen Daten legten eine gestörte sensomotorische Integration im posterioren parietalen Kortex nahe. Dies wurde in einer fMRT- Untersuchungen näher charakterisiert. Bei Fingerbewegungen an der CRPS- betroffenen Extremität fanden sich signifikant größere Aktivierungen insbesondere in primären (M1) und supplementär- motorischen Arealen (SMA), sowohl im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, als auch bei Bewegungen an der nicht- betroffenen Hand. Aktivierungen während Fingertapping an der nicht- betroffenen Hand unterschieden sich nicht zu den entsprechenden Aktivierungen der Kontrollgruppe. Wie durch die kinematischen Daten bereits vermutet, waren Mehraktivierungen in Arealen des posterior- parietalen Kortex, M1 und SMA bei Bewegungen auf der CRPS- Seite korreliert zu dem Ausmaß der motorischen Einschränkung der Patienten. Zusammengefasst deuten die Ergebnisse der Studien auf eine signifikante Reorganisation der zentralen sensomotorischen Verarbeitung bei CRPS hin. Aus diesen Befunden könnten sich neue Ansatzpunkte für die Therapie ergeben.

Unterstützt durch den Deutschen BMBF-Forschungsverbund „Neuropathischer Schmerz“ und die DFG (KFO 130).