Krankenhaushygiene up2date 2009; 4(3): 188
DOI: 10.1055/s-0029-1215210
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Bakterielle Kolonisierung getunnelter Schmerzkatheter

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Publication Date:
06 October 2009 (online)

Compère V, Legrand JF, Guitard PG et al. Bacterial colonization after tunneling in 402 perineural catheters: A prospective study. Anesth Analg 2009; 108: 1326 – 1330

Ähnlich wie bei zentralen Venenkathetern steigt die Infektionsrate bei peripheren Nervenkathetern zur postoperativen Schmerztherapie mit der Liegedauer an. Man kann aufgrund früherer Studien annehmen, dass das Untertunneln dieser Katheter das Infektionsrisiko durch Keimmigration entlang des Katheters reduziert. Compère und Mitarbeiter untersuchten nun in einer offenen, nichtrandomisierten Studie die Effektivität des Untertunneln hinsichtlich der bakteriellen Kolonisation an 50 interskalenären, 12 infraklavikulären, 33 Fascia iliaca-, 120 Femoralis- und 187 Poplitealkathetern (insgesamt 402 periphere Nervenkatheter) bei Patienten mit orthopädischen Eingriffen.

Die Anlage der Katheter erfolgte unter maximalen Barrieremaßnahmen (steriler Kittel, sterile Handschuhe, Mund-Nasen-Schutz und Haarhaube). Die Hautdesinfektion vor der sterilen Abdeckung wurde mit Alkohol-Chlorhexidin-Lösung durchgeführt. Die Katheter wurden unter Einsatz eines Nervenstimulators gelegt und 2 – 3 cm mit Hilfe einer von lateral in Richtung der ursprünglichen Einstichstelle vorgeschobenen Venenverweilkanüle unter der Haut getunnelt und dann mit transparentem Pflaster fixiert.

Alle Katheter wurden unter aseptischen Kautelen (sterile Handschuhe und Mund-Nasenschutz) nach Desinfektion der Eintrittsstelle mit Alkohol-Chlorhexidin-Lösung entfernt und die Katheterspitze zur Anlage quantitativer Kulturen abgeschnitten. Klinisch manifeste Infektionen wurden ebenfalls erfasst.

Ergebnisse

Bei keinem von 3 Kathetern mit einer Liegedauer unter 24 Stunden wurde eine Kolonisation festgestellt. Bei 2 von 70 Kathetern (2,86 %) mit einer Liegedauer von 24 – 48 Stunden und bei 14 von 260 Kathetern (5,38 %) mit einer Liegedauer von 48 – 72 Stunden sowie bei 9 von 69 Kathetern (13 %) mit einer Liegedauer von mehr als 72 Stunden wurde eine Kolonisation festgestellt. In den meisten Fällen wurde koagulasenegative Staphylokokken nachgewiesen, bei 3 Kathetern wurden Acinetobacter spp., bei jeweils 2 Kathetern Pseudomonaden bzw. Enterokokken oder Escherichia coli und bei jeweils einem Katheter Corynebakterien bzw. Proteus spp. nachgewiesen.

Die Autoren weisen auf die Schwachpunkte einer unrandomisierten Studie ohne Kontrollgruppe hin und betonen in der Diskussion die insgesamt sehr niedrige Kolonisationsrate im Vergleich zu den Angaben in der Literatur ohne Tunnelung von peripheren Nervenkathetern, auch wenn die Bedeutung einer Kolonisation als Surrogatmarker für das Infektionsrisiko umstritten ist. Die Wertung der koagulasenegativen Staphylokokken als tatsächliche Kolonisation wird von den Autoren auch im Hinblick auf die Ergebnisse anderer Arbeiten angezweifelt und eher als Kontamination bei der Katheterentfernung angesehen. Auch wenn der Zusammenhang zwischen Liegedauer und Kolonisationsrate aufgrund der sehr unterschiedlichen Gruppengrößen keine statistische Signifikanz erreichte, bestätigen die Ergebnisse von Compère et al. im Trend den auch von anderen Kathetern bekannten Zusammenhang.

Klinisch manifeste Infektionen traten im Studienzeitraum nicht auf. Es ergab sich auch kein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen Patienten, die eine Antibiotikatherapie erhielten im Vergleich zu denen, die lediglich eine Single-shot-Antibiotikaprophylaxe zur Operation erhalten hatten.

Fazit: Das Untertunneln von peripheren Nervenkathetern zur Schmerztherapie scheint eine effektive Maßnahme zur Prävention einer bakteriellen Kolonisation zu sein. Grundlage ist jedoch die Anwendung von maximalen Barrieremaßnahmen und einer wirksamen Hautdesinfektion bei der Anlage. Der zusätzlich in der Praxis häufig angeführte Effekt der Reduktion von Katheterdislokationen durch das Untertunneln wurde in der vorliegenden Arbeit leider nicht untersucht – obwohl er vielleicht die klinisch relevantere Größe als der Beitrag zur Infektionsprävention darstellt. Der tatsächliche Einfluss einzelner infektionspräventiver Maßnahmen ist angesichts der insgesamt geringen Infektionsraten nur im Rahmen großer multizentrische Studien (praktisch kaum durchführbar) oder durch konsequente Auswertung von großen Surveillancedatenbanken zu ermitteln.

Dr. med. Sebastian Schulz-Stübner, Karlsruhe

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