Krankenhaushygiene up2date 2009; 4(2): 100
DOI: 10.1055/s-0029-1215031
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Hygiene am Anästhesiearbeitsplatz

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Publication Date:
06 August 2009 (online)

Loftus RW, Koff MD, Burchman CC. Transmission of Pathogenic Bacterial Organisms in the Anesthesia Work Area. Anesthesiology 2008; 109: 399 – 407

Der Fokus der Krankenhaushygiene richtet sich traditionell auf den chirurgischen Bereich und auch auf die Abläufe auf den Intensivstationen. Es gibt jedoch vergleichsweise wenige Studien zur Rolle der Umgebung des Anästhesiearbeitsplatzes und der zugehörigen Arbeitsprozesse. Dies nahmen die Autoren einer Klinik mit traumatologischem Schwerpunkt in New Hampshire, USA, zum Anlass, eine mögliche Umgebungskontamination in den Arbeitsbereichen der Anästhesie zu quantifizieren. Als Bedienoberflächen mit häufigem Handkontakt und kritischem Potential wurden Druckbegrenzerventile sowie die Dreiwegehähne der intravenösen Zugänge ausgewählt. In einer Pilotphase wurde die routinemäßige Flächendesinfektion zwischen den verschiedenen Patienten mit Einsprühen der Maschine und Bedienoberflächen mit quarternären Ammoniumverbindungen untersucht und als nicht ausreichend eingestuft. Insgesamt wurden daraufhin bei 61 Eingriffen ursprünglich steril verpackte Sets mit Dreiwegehähnen sowie besagte Bedienoberflächen an den Narkosegeräten direkt nach Desinfektion, vor Beginn der Einleitung und dann nach Beendigung der Narkose auf bakteriologische Kontamination untersucht. Dabei wurden vor allem auch Kulturen vom internen Lumen aller Dreiwegehähne angelegt. In der multivariablen Analyse wurde eine Vielzahl möglicher „Confounder”, wie Anzahl der beteiligten Personen, Ausbildungsstand, Eingriff und Dauer des Eingriffs, Anästhesieverfahren sowie eine Reihe von Patientenfaktoren mit berücksichtigt.

Wie zu erwarten, waren die Arbeitsplatzumgebung unmittelbar nach Wischdesinfektion nur geringgradig kontaminiert und die frisch aus der Sterilverpackung entnommene Dreiwegehähne initial steril. Gemessen in Koloniezahlen bezogen auf die untersuchte Fläche ergab sich bei der Untersuchung nach dem Eingriff im Mittelwert eine Zunahme um 115. Bemerkenswerterweise war eine signifikante Zunahme der Umgebungskontamination bereits bei kurzen Narkosen mit Dauer um die vier Minuten signifikant und in ähnlicher Größenordnung zu verzeichnen. Die patientennahen Dreiwegehähne waren immerhin in 32% der Fälle intern bakteriell kontaminiert. Es ergab sich auch eine gewisse Korrelation zwischen dem Ausmaß der Kontamination des Anästhesiearbeitsplatzes und der Wahrscheinlichkeit einer Kontamination der Lumina der Dreiwegehähne. Das gefundene Keimspektrum reichte von klassischen Umgebungskeimen wie Bacillus spp. und Mikrokokken über Vertreter der normalen Hautflora wie koagulase-negative Staphylokokken und S. aureus bis hin zu gelegentlichem Nachweis von MRSA und VRE. In mehreren Fällen gelang mittels „Pulsed Field”-Gel-Elektrophorese der Nachweis identischer Stämme aus der patientennahen Umgebung und dem Lumen der Dreiwegehähne. Auch wenn geringgradige Kontamination der Dreiwegehähne auch schon in früheren Arbeiten gefunden wurde, weisen die Autoren auf die in ihrem Fall deutlich höheren Keimzahlen bei teilweise sehr kurzdauernden Narkosen hin. In einem Fall ergab sich die Übertragung eines VRE-Stammes vom Patienten auf die patientennahe Umgebung und zurück in den Dreiwegehahn. Vehikel waren hier die Hände des Personals. Ob nun in direktem Zusammenhang damit oder nicht; der Patient entwickelte jedenfalls im Gefolge eine VRE-Bakteriämie.

Obwohl nicht als primärer Endpunkt der Studie vorgesehen, beobachteten die Autoren eine höhere Mortalität bei den Patienten mit kontaminierten Dreiwegehähnen. Es ergab sich auch ein nicht signifikanter Trend zu häufigeren nosokomialen Infektionen in dieser Gruppe. Über kausale Zusammenhänge kann man hier sicherlich nicht viel sagen, zumal die Autoren keine direkte Verbindung zwischen den Erregern aus den Dreiwegehähnen und den Erregern nachfolgender nosokomialer Infektionen herstellen konnten. Dennoch zeigt diese Arbeit, dass auch bei relativ kurz dauernden Narkosen aufgrund der vielfältigen und zahlreichen Handkontakte eine bisher eher unterschätzte Möglichkeit der Übertragung von Patientenflora auf die Umgebung bis hin zu Dreiwegehähnen besteht.

Fazit: Aus dieser Arbeit sollte einerseits die Konsequenz gezogen werden, für den anästhesiologischen Anteil des operativen Komplexes ein gewisses Problembewusstsein hinsichtlich Infektionsübertragungen und Händehygiene zu schaffen. Andererseits kann im modernen Anästhesiealltag auch bei Sorgfalt nicht nach jedem Handkontakt an der Maschine und vor dem direkten Patientenkontakt eine Händedesinfektion durchgeführt werden. Insofern sollte zwischen den Eingriffen auch auf eine effektive Flächendesinfektion der Bedienelemente des Narkosegerätes und des Anästhesiearbeitsplatzes analog zu anderen Arbeitsplätzen, an denen IV-Medikamente gerichtet werden, geachtet werden. Für eine einfache desinfizierende Reinigung sind zum Beispiel Spendereimer mit Desinfektionsmittel-getränkter Vliestuchrolle praktisch und kontaminationsfrei immer rasch verfügbar.

Dr. med. Thomas Hauer, Dr. med. Sebastian Schulz-Stübner, Freiburg

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