Krankenhaushygiene up2date 2009; 4(2): 99
DOI: 10.1055/s-0029-1215030
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MRSA-Besiedlung wie lange?

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Publication Date:
06 August 2009 (online)

Robicsek A, Beaumont JL, Peterson LR. Duration of colonization with methicillin-resistant Staphylococcus aureus. Clin Infect Dis 2009; 48: 910 – 913

Die Autoren untersuchten die Persistenz der MRSA-Besiedlung bei wieder ins Krankenhaus aufgenommenen Patienten in Chicago, USA. Sie fanden heraus, dass fast jeder zweite Patient im ersten Jahr nach MRSA-Nachweis noch kolonisiert war; nach vier Jahren war es noch jeder fünfte Patient.

In vielen Krankenhausinformationssystemen werden MRSA-Patienten elektronisch markiert, weil MRSA in der Vorgeschichte ein bekanntes Risiko darstellt, weiterhin mit MRSA besiedelt zu sein. Wie lange diese Markierung bestehen bleiben soll, ist jedoch unklar. Es gibt zwar einige Studien, die die Dauer der MRSA-Besiedlung untersucht haben, allerdings beobachteten diese Studien spezielle Patienten z. B. Neugeborene oder umfassten relativ wenige Patienten (52 – 135 Teilnehmer). Dort wurde die Halbwertszeit einer Kolonisation zwischen 7 und 40 Tage angegeben bzw. geschätzt.

Robicsek und Kollegen untersuchten deshalb die MRSA-Kolonisationsdauer bei einem größeren Studienkollektiv an drei US-amerikanischen Krankenhäusern. Mit Ausnahme von Neugeborenen wurden alle Patienten, die im Zeitraum November 2006 bis Dezember 2007 zur stationären Aufnahme kamen, in die Studie eingeschlossen, wenn sie bei vorangegangen Aufenthalten

ein positives klinisches MRSA-Isolat hatten (ab 1/2002) oder ein positives MRSA-Screening (ab 11/2006) und wenn sie innerhalb von zwei Tagen ab Krankenhausaufnahme auf MRSA getestet worden waren (11/2006 – 12/2007).

Beim MRSA-Screening wurden bilateral angefeuchtete Nasenabstriche entnommen und mittels PCR untersucht. Positive Ergebnisse wurden kulturell und durch Nachweis des mecA Gens bestätigt.

90,3% der 48 203 aufgenommen Patienten wurden im Studienzeitraum gescreent. Davon hatten 824 Patienten (bei insgesamt 1564 Krankenhausaufenthalten) einen positiven MRSA-Befund in einem klinischen oder Screening-Isolat. Im Mittel wurden die Patienten 519 Tage (der Median lag bei 296 Tagen) nach dem letzten positiven klinischen Isolat aufgenommen – bei Screening-Isolaten war das Intervall mit 80 Tagen kürzer, weil das generelle Screening erst im November 2006 eingeführt worden war. Das Durchschnittsalter der Patienten lag bei 71 Jahren, 50 % von ihnen kamen aus Langzeit-Pflegeeinrichtungen und 29 % hatten Druckulzera.

Insgesamt waren 41 % der in der Vorgeschichte kolonisierten Patienten bei der Aufnahme im Studienzeitraum noch weiter besiedelt. Die Rate der persistierenden Besiedlung lag im 1. Jahr bei 49 %, im 2. Jahr bei 28 %, im 3. Jahr bei 23 % und im 4. Jahr immerhin noch bei 21 %.

In der multivariaten Analyse zeigten sich als Vorhersage für eine fortdauernde Besiedlung 3 entscheidende Faktoren: Druckulzera, Aufnahme auf eine Intensivstation und MRSA-Nachweis innerhalb der letzten 30 Tage.

Die Autoren schlussfolgern, dass die MRSA-Besiedlung schnell innerhalb eines Monats abnimmt und zwar um etwa 50 %. Danach nimmt sie sehr viel langsamer ab und selbst nach vier Jahren lag sie nie unter 20 %. Von allen Patienten waren insgesamt 4 % bei Aufnahme besiedelt. D. h., dass MRSA-Patienten – selbst vier Jahre nach MRSA-Nachweis – ein etwa fünf Mal höheres Risiko haben als Patienten, die zur Aufnahme kommen, aber keine MRSA-Anamnese haben.

Als Einschränkung führen die Autoren an, dass nur nasal gescreent wurde, dass also etwa 10 % der kolonisierten Patienten möglicherweise nicht entdeckt wurde. Die Ergebnisse seien nicht ohne weiteres generalisierbar, weil z. B. Patienten, die nicht wiederaufgenommen worden sind, eine andere Kolonisationsdynamik aufweisen können. Außerdem machten die Autoren keine Angaben, ob und wie viele Kontrollabstriche gemacht worden waren.

Fazit: An einer sehr großen Studie wurde gezeigt, dass noch nach vier Jahren noch jeder fünfte MRSA-Patient bei Wiederaufnahme im Krankenhaus positiv war. Sie liefert aber keine Daten dazu, ob dies auch für Patienten mit zwischenzeitlich negativen Abstrichen gilt. Es gibt allerdings einige aktuelle Publikationen, mit denen die Effektivität des Aufnahme-Screenings für die Prävention von MRSA-Übertragungen überhaupt sowie das Konzept der Konzentration auf einen einzigen Erreger gut begründet in Frage gestellt werden [McGinigle KL et al., Clin Inf Dis 2008; 46: 1717 – 1725 (bereits hier besprochen), Harbarth S et al. JAMA 2008; 299: 1149 – 1157; Wenzel RP et al. Infect Control Hosp Epidemiol 2008; 29: 1012 – 1018].

PD Dr. med. Elisabeth Meyer, Berlin

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