Notfall & Hausarztmedizin 2009; 35(1): 3
DOI: 10.1055/s-0029-1202920
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Wer informiert unsere Patienten und wie?

Hagen Sandholzer
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Publication Date:
10 February 2009 (online)

Der Jahreswechsel ist immer ein Anlass zum Nachdenken, auch darüber, wie sich unser Berufsalltag ändern und wandeln wird. Der sehr lesenswerte Newsletter der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) hat mich auf eine Entwicklung aufmerksam gemacht, die ansonsten meiner Beachtung entgangen wäre. Am 10. Dezember 2008 hat die Europäische Kommission unter anderem einen Richtlinienentwurf erarbeitet, nach dem sich pharmazeutische Unternehmen in Zukunft mit Informationen über verschreibungspflichtige Arzneimittel direkt an interessierte Patienten wenden dürfen. Obwohl Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel weiterhin untersagt bleiben soll, sieht die Ärzteschaft Risiken, die aus einer Ausweitung von Informationsmöglichkeiten der Industrie resultieren. Auch der jetzt vorgelegte Richtlinienentwurf wird nicht verhindern können, dass die pharmazeutischen Hersteller mit direkter Patienteninformation auch eigennützige Ziele verfolgen und durch Überschreitung der unscharfen Grenze Informationen zur Werbung – auch als Bestandteil ihres strategischen und operativen Marketings – für Arzneimittel nutzen. Dadurch werden die Umsetzung einer rationalen Pharmakotherapie und die Arzneimitteltherapiesicherheit gefährdet [1].

In einem weiteren Newsletter zur ersten Ausgabe des New England Journal of Medicine findet sich ein lesenswerter Artikel über die Darstellung medizinischer Informationen durch Journalisten. Der Einfluss der Presse auf das Verhalten von Ärzten und Patienten ist enorm. Die Autorin kritisiert eine Verkürzung komplexer medizinischer Sachverhalte auf einige Sekunden Fernsehzeit, eine Schlagzeile und wirft anhand verschiedener Beispiele die Frage auf, wie viel Schaden dadurch entsteht [2]. Diese Frage kann man auch auf die Fachpresse für Ärzte anwenden, denn wie oft ist die ansprechende, leicht verdauliche und unterhaltsame Form wichtiger als die Qualität des Inhalts, insbesondere die umfassende Darstellung? An diesem „Hit-and-Run-Medizinjounalismus“ kritisiert Susan Denzer nicht nur die plakative, einseitig auf Aktualität ausgerichtete Darstellung, sondern vor allem den Punkt, dass die sachkundige und angemessene Bewertung oftmals fehlt. Denn diese ist ja gerade für den Adressaten wichtig, sei es, dass spezielles Wissen zum Generalisten oder vom Hausarzt zum Patienten transportiert wird.

Wer informiert unsere Patienten und wie? Die Antwort kann nur lauten: der Arzt, der Apotheker und die Gesundheitsdienstler. Das steht auch so im Newsletter der AkdÄ. Der Hausarzt genießt das größte Vertrauen in der Bevölkerung und sollte sich daher selbstbewusst dem oftmals durch Medien fehlinformierten Patienten und seinen Fragen stellen. Bei dieser Aufgabe wollen wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, auch in diesem Jahr behilflich sein. In dieser Ausgabe haben allesamt praktizierende und in der allgemeinmedizinischen Lehre und Forschung tätige Hausärzte handfeste Informationen zum Themenkreis Psychosomatik zusammengestellt. In diesen Artikeln ist – Gott sei Dank – weder alles zu finden noch nur „der letzte Schrei“, sondern das für den Praxisalltag Wesentliche. Ich wünsche Ihnen ein glückliches Jahr 2009, das die Notfall & Hausarztmedizin zum Nutzen Ihrer Patienten gerne begleiten will.

Literatur

  • 1 Newsletter der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft.  2008;  12
  • 2 Dentzer S.. Communicating Medical News – Pitfalls of Health Care Journalists.  NEJM. 2009;  1 1-3

Prof. Dr. med. Hagen Sandholzer

Leipzig

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