Zusammenfassung
Die rein konservative Behandlung kommt nur in Frage bei ganz leichten Fällen und dann,
wenn sich die Operation oder die Strahlenbehandlung aus irgendeinem Grunde nicht durchführen
läßt.
Der allgemein anerkannte Hauptvorteil der operativen Behandlung besteht darin, daß
sie durch die Autopsia in vivo absolute Klarheit über die Schwere und Ausdehnung des
Krankheitsprozesses schafft Bei Sterilität und einseitiger Adnexerkrankung verdient
die Operation den Vorzug. Die primäre Mortalität im Anschluß an die Operation beträgt
bei uns Null, nach Krönig bis 10%. Als Nachteile werden empfunden der lange Klinikaufenthalt,
der damit verbundene Kostenaufwand, die Störung der Wundheilung und die Bildung von
Kotfisteln.
Bei der prophylaktischen Nachbestrahlung erwachsen für die Patienten kaum Nachteile,
außer den größeren Kosten und dem heute doch auf ein Minimum herabgesunkenen Risiko
einer Röntgenverbrennung.
Die therapeutische Bestrahlung zeichnet sich dadurch aus, daß sie auch in den Fällen,
bei welchen, wie z. B. wegen Kontraindikationen, wie Fieber, akuter Lungenprozeß,
die Operation nicht möglich ist, gefahrlos durchgeführt werden kann. Der Klinikaufenthalt
dauert nur wenige Tage. Die Ausgaben übersteigen nicht die einer operativen Behandlung.
Durch zwei Tatsachen hat die Röntgenbestrahlung, gleichgültig, ob sie therapeutisch
oder prophylaktisch ausgeführt wird, allen andern Methoden unbedingt viel voraus.
Die Aussichten, mit den Röntgenstrahlen alle Krankheitsherde zu treffen und zu zerstören,
sind viel größer als bei jeder operativen Behandlung, da sich selbst bei der isolierten
Erkrankung in Form von Adnextumoren immer noch eine ausgedehnte Mitbeteiligung des
Bauchfells anatomisch nachweisen läßt. Der Ausspruch von Thiersch: „Solange wir glauben,
das Karzinom mit dem Messer bekämpfen zu können, sind wir auf dem Irrwege,” ist im
gleichen Sinne und mit noch größerer Berechtigung auf die Genitaltuberkulose zu übertragen.
Die Genitaltuberkulose ist im wesentlichen eine Ausscheidungstuberkulose im Sinne
von Orth, Simmonds und Aschoff. Irgendwo im Körper muß also ein primärer Herd zurückbleiben.
Dieser Herd kann durch die operative Behandlung hur indirekt beeinflußt werden, durch
die Röntgenstrahlen aber unmittelbar. Durch die Bestrahlung wird nämlich der Körper
gegen die Tuberkulose immunisiert, da die X-Strahlen nicht nur die lokale Erkrankung
zum Ausheilen bringen, sondern die immunisatorischen Kräfte des ganzen Körpers verstärken
und damit die Widerstandskraft gegen Neuinfektion heben. Somit gibt die Bestrahlung
einen Schutz vor Rezidiven wie vor Neuinfektionen.
Es ist das Verdienst von Wilms, auf diese Zusammenhänge hingewiesen zu haben, als
ihm auffiel, daß Rezidive bei der Bestrahlung tuberkulöser Lymphdrüsentumoren fortfallen.
Wenn man all diese Punkte der Vorteile und Nachteile der einzelnen Behandlungsmethoden
gebührend berücksichtigt, so ergibt sich daraus, daß im Einzelfall streng individualisiert
werden muß. Nach unseren Erfahrungen ist die Indikationsstellung für die Behandlung
der Genitaltuberkulose insofern zu revidieren, daß man die rein konservative Behandlung
einschränkt und möglichst die Operation mit prophylaktischer Röntgenbestrahlung anstrebt.
Ist die Operation aus irgendeinem Grunde kontraindiziert, so tritt dann die therapeutische
Bestrahlung in ihr Recht.