Zusammenfassung
1. Der stimulierende Effekt der Steinach-Operation beruht nach der beim heutigen Stande
unserer Kenntnisse plausibelsten Erklärung auf der Resorption der nach der Unterbindung
massenhaft zerfallenden Samenepithelien und nicht auf einer Funktionssteigerung der
„Pubertätsdrüse”. Eher kommt außerdem noch eine Neubelebung der später ja unter Umständen
wieder regenerierenden „Samendrüse” in Betracht.
2. Die Röntgenbestrahlung der Hoden, bei der es zwar auch zu einer solchen Hypertrophie
des Zwischengewebes, aber zu keinem nennenswerten Zerfall von Samenepithelien kommt,
kann daher einer Steinach-Operation nicht als gleichwertig erachtet werden.
3. Die Röntgenbestrahlung der Hoden kann nur zu Sterilisationszwecken verwandt werden.
Für eine Dauersterilisation ist ihr aber die doppelseitige Vasektomie überlegen.
4. Außer dieser eugenischen Indikation zur Steinach-Operation gibt es keine Indikation,
bei der diese die Methode der Wahl wäre.
5. Als Adjuvans kann die Steinach-Operation nach Totalexstirpation von Karzinomen
angewandt werden.
6. Eine doppelseitige Steinach-Operation kommt ferner bei allen Fällen von Senium
praecox mit eunuchoiden Symptomen in Betracht, wenn die Testikel noch leidlich intakt
sind. Die Aetiologie des Senium praecox spielt dabei keine Rolle, namentlich wenn
es sich um lebensbedrohende Zustände handelt. Aber die Steinach-Operation ist auch
hier nicht die Methode der Wahl, sondern nur gleichberechtigt mit anderen organotherapeutischen
Methoden. Unbedingt sollten solche und auch eine Proteinkörpertherapie bei vorzeitiger
sicherer somatischer Impotenz zuerst versucht werden, bevor hier als ultimum refugium
eine Steinach-Operation vorgenommen wird, die im übrigen unter solchen Umständen zulässig
ist.
7. Kontraindiziert ist die Steinach-Operation dagegen bei Sexualstörungen auf psychopathischer
Grundlage, gleichviel, ob es sich um Impotente oder Hypersexualisten, Homosexuelle
oder sonst Perverse, und ganz besonders, wenn es sich um jugendliche Individuen handelt.
8. Kontraindiziert ist die Steinach-Operation (als therapeutische, nicht als eugenische
Maßnahme) unbedingt auch bei Geisteskrankheiten.
9. Abzulehnen ist auch eine gleichzeitige Vornahme der Steinach-Operation mit einem
sonstigen örtlichen Eingriff an den Genitalorganen (Skrotalhernien usw. alter, heruntergekommener
Leute), deren Erfolg zuerst abzuwarten ist.
10. Unberechtigt ist die Bezeichnung der Rekonvaleszenz in solchen Fällen als Verjüngung.
11. Unberechtigt ist es umgekehrt, als Mißerfolg des Steinach-Verfahrens Fälle zu
buchen, in denen mit Wahrscheinlichkeit ein vollkommen atrophischer Hoden zugrundelag
(keine nennenswerte Stauung und damit keine Resorption von Samenepithel mehr möglich).
12. Durch indikationsloses Operieren wird das Verfahren unnütz diskreditiert.
13. Durch Vernachlässigung der Mitwirkung suggestiver Momente bei einer Steinach-Operation
am Menschen, die natürlich nie ohne Wissen des Patienten vorgenommen werden darf,
ist umgekehrt eine Ueberschätzung der Operation möglich.
14. Ein sicheres definitives Urteil wird eher durch Tierversuche zu gewinnen sein,
die unverdrossen fortzusetzen sind.