Zusammenfassung
1. Das Kochsche albumosefreie Tuberkulin ist ein spezifisch wirksames Tuberkulinpräparat,
das im Gegensatz zu dem klassischen Alttuberkulin Koch aus einer albumosefreien Kulturflüssigkeit
hergestellt wird. Es enthält daher nur solche eiweißartigen Stoffe, die der Tuberkelbacillus
während seines Wachstums bildet und die teils von der lebenden Kultur an das Nährmedium
abgegeben, teils aus den absterbenden Bazillen durch Autolyse frei werden.
2. Ein weiterer Unterschied gegenüber dem Alttuberkulin besteht darin, daß bei der
Einengung der Kulturflüssigkeit höhere Temperaturen vermieden werden.
3. Das Präparat hat alle Eigenschaften eines spezifischen Tuberkulinpräparates:
a) es tötet tuberkulöse Meerschweinchen unter den charakteristischen Erscheinungen
des Tuberkulintodes;
b) es gibt mit spezifischem antikörperhaltigen Tuberkuloseserum Komplementbindung;
c) durch die Präzipitationsmethode sind darin spezifische Antikörper nachweisbar;
d) es gibt sowohl bei subkutaner wie bei intrakutaner Probe die charakteristischen
Reaktionen;
e) es macht bei therapeutischer Verwendungen der Mehrzahl der Fälle charakteristische
Herdreaktionen.
4. Bei der subkutanen Tuberkulinprobe sind die subjektiven Beschwerden in den meisten
Fällen geringer als beim Alttuberkulin.
5. Bei der therapeutischen Verwendung erweist sich das albumosefreie Tuberkulin als
ein mildes Präparat, das die Durchführung oft ganz reaktionsloser Kuren bis zur Maximaldosis
in relativ kurzer Zeit gestattet und gute Heilerfolge zeitigt.
6. Wegen der geringen damit verbundenen Nebenerscheinungen ist es besonders auch zur
ambulatorischen Behandlung geeignet.
7. Die Vorbehandlung mit dem albumosefreien Tuberkulin setzt die Empfindlichkeit gegenüber
dem Alttuberkulin nur in geringem Grade herab, vermutlich deshalb, weil im Alttuberkulin
durch Hitze extrahierbare toxische Stoffe enthalten sind, die das albumosefreie Präparat
nicht besitzt.
8. Es empfiehlt sich deshalb nicht, auf die Behandlung mit dem albumosefreien Tuberkulin
eine solche mit Alttuberkulin folgen zu lassen. Dagegen wird eine Nachbehandlung mit
der Bazillenemulsion sehr gut vertragen und kann relativ schnell zu Ende geführt werden,
da die Empfindlichkeit gegenüber dem Bazillenpräparat durch die Vorbehandlung mit
dem albumosefreien Tuberkulin herabgesetzt ist.
9. Eine nennenswerte Produktion von komplementbindenden Antikörpern wird durch die
Behandlung mit dem albumosefreien Tuberkulin in der Regel nicht erzielt. Nur in einzelnen
Fällen gelang es bei hohen Dosen, Antikörper zu erzielen. Es entspricht das analogen
Beobachtungen bei der Behandlung mit Alttuberkulin.