Zusammenfassung
Die Analyse und Definition der Herzschwäche des Menschen soll vom klinischen Standpunkt
ausgehen.
Der Begriff Herzschwäche ist weiter zu fassen, als es gewöhnlich geschieht. Nicht
nur, wenn die Kontraktionskraft, sondern auch, wenn andere Funktionen des Herzens,
z. B. die Reizbildung oder Ueberleitung, eine Schwäche erfahren haben, können wir
von Herzschwäche sprechen.
Die subjektiven Symptome der Herzschwäche werden etwas vernachlässigt; kardiogene
Empfindungen lassen sich zum Teil durch die mit ihnen oft einhergehende Hyperalgesie
bestimmter Hautbezirke objektivieren.
Unter der Reservekraft eines lebenden Gewebes ist nichts anderes zu verstehen als
die Möglichkeit, unter Umständen stärker zu funktionieren als gewöhnlich. Es gibt
nicht nur Reservekräfte der Kontraktilität, sondern auch solche der Reizbildung des
Herzens etc.
Bezeichnet man als ökonomische Symptome solche, die es dem Arzte ermöglichen, unter
verhältnismäßig geringem Aufwand an Zeit und Arbeit rasch und sicher das Organ und
seine Funktionsstörung zu erkennen, so sind als ökonomische Symptome der Herzschwäche
zu bezeichnen: der Vorhof- und Kammersystolenausfall, der Kammersystolenausfall, die
Dissoziation, der Irregularis perpetuus und der Herzalternans.
Liefert auch der Venenpuls wertvolle Anhaltspunkte für die Erkennung der Funktionsstörung
des Herzens, so kann man doch nicht, wie man früher glaubte, aus dem positiven Venenpuls
— heute Kammervenenpuls genannt — eine Trikuspidalinsuffizienz diagnostizieren.
Diejenige Dilatation des Herzens, die das Resultat einer Herzschwäche ist, läßt sich
passenderweise als inkompensatorische im Gegensatz zu der nicht auf Herzschwäche beruhenden
kompensatorischen Dilatation bezeichnen.
Will man unter dem Tonus des Herzmuskels die Fähigkeit verstehen, eine bestimmte Länge
festzuhalten, dann hat der Tonus bei der kompensatorischen wie bei der inkompensatorischen
Dilatation abgenommen, und man kann dann aus einer Hypotonie des Herzmuskels auch
nicht unmittelbar einen Rückschluß auf Herzschwäche machen.
So wertvoll der Nachweis einer inkompensatorischen Herzdilatation auch ist, so ist
sie an sich doch kein ökonomisches Symptom, denn zu ihrem Nachweis bedarf es noch
der Feststellung gewisser Kosymptome.
Auch bei der Beobachtung eines ökonomischen Symptomes soll sich der Arzt nicht mit
diesem begnügen, sondern alle auffindbaren Kosymptome mit in Betracht ziehen, sonst
wird seine Beurteilung der Funktionsstörung eines Organes einseitig, wie sie es bezüglich
ihres Werdens wird, wenn er vergißt, daß kein Vorgang nur durch eine Ursache allein
hervorgerufen wird, sondern durch eine Pluralität von Koëffizienten.