Zusammenfassung
Schädliche Folgen irgendwelcher Art hat das Marmorek-Serum nicht. Hingegen ließ sich
bei der Mehrzahl der behandelten Fälle eine Besserung der subjektiven Beschwerden
erzielen, wie Mattigkeit, Stiche, Husten, Nachtschweiße, Appetitlosigkeit, die teils
erheblich abnahmen, teils völlig zurückgingen. Eine Besserung des Larynxbefundes konnte
ich bei sechs schweren kavernösen Phthisikern nicht konstatieren, jedoch trat in zwei
von diesen Fällen eine geringe Besserung des Lungenbefundes ein, und in drei Fällen
wurde der Larynxbefund wenigstens stationär. Wesentliche objektive Besserung sah ich
zweimal bei fünf Lungentuberkulosen zweiten Grades und dreimal bei fünf Tuberkulosen
ersten Grades; bei diesen schien aber die Krankheit an und für sich einen milden Verlauf
zu nehmen. Zwei Fälle von Skrofulotuberkulose blieben völlig unbeeinflußt. Eine Vergleichung
des Marmorek-Serums mit anderen spezifischen Behandlungsmethoden, speziell den verschiedenen
Tuberkulinpräparaten, ist von mir nicht durchgeführt worden. Ich habe für meine Untersuchungen
vorwiegend schwerere Fälle herangezogen, weil ich der Meinung bin, daß zur Entscheidung
der Frage über den Heilwert eines Tuberkuloseheilmittels nur solche Fälle behandelt
werden sollten, bei denen eine spontane Besserung mindestens unwahrscheinlich ist.
Von diesem Gesichtspunkt aus scheinen mir die geeignetsten Fälle für die Serumbehandlung
die schwereren Fälle des zweiten Stadiums und die leichteren des dritten, bei denen
man gute Erfolge erzielen kann, während man sich bei den schweren Fällen des dritten
Stadiums mit einer Besserung des Allgemeinbefindens und der oft sehr quälenden subjektiven
Beschwerden der Patienten wird begnügen müssen; die gutartigen Fälle des ersten Stadiums
sind allgemeinen theoretischen Erwägungen der Immunotherapie zufolge mehr für eine
Tuberkulinbehandlung, d. h. eine aktive Immunisierung, geeignet, die Praxis zeigt
jedoch, daß man auch hier mit dem Marmorek-Serum sehr gute Erfolge sieht, bei denen
es allerdings oft schwer zu entscheiden ist, ob es sich um spontane Besserung oder
spezifische Wirkung des Mittels handelt. Vorbedingung für jeden therapeutischen Erfolg
ist es aber, daß man die Behandlung, eventuell mit kleinen Intervallen, auf viele
Wochen oder selbst Monate ausdehnt, was sich ja eigentlich für eine passive Immunisierung
bei einer so chronischen Infektion, wie der Tuberkulose, von selbst versteht.